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RH Sonderbericht Ennsnahe Trasse, Heilbehelfe: Die Unbestechlichen

Von Ine Jezo-Parovsky

Politik

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Für Aufregung sind ihr kriminalistischer Spürsinn und ihre sorgfältigen Ermittlungen fast immer gut. Manchmal sorgen sie auch für Schlagzeilen in den Tageszeitungen, die Beamten des

Rechnungshofes. Beispiel: Ihr Bericht zum Semmeringbasistunnel, der dem Projekt kein gutes Zeugnis ausstellt. Heftige Wortgefechte im Parlament lösen aber auch weniger medienwirksame Überprüfungen

aus. Was der Rechnungshof mit unbestechlichem Auge unter die Lupe genommen und für unzureichend, wenig effizient oder sogar schlecht befunden hat, bietet der Opposition allemal Munition für scharfe

Attacken auf die Regierungsparteien.

Ein in die Jahre gekommenes Reizthema

So präsentierte Rechnungshofpräsident Franz Fiedler dem Nationalrat seine Studie zur Ennsnahen Trasse. Und darin deckte er Fehlplanungen der SPÖ gleichermaßen auf, wie solche der ihm nahestehenden

ÖVP. Für die Opposition ein Startzeichen, den Regierungsparteien vorzuwerfen, daß sie bei der Planung hunderte Millionen Schilling in den Sand gesetzt hätten. Die Ennsnahe Trasse, eine Straße, über

die schon seit mehr als 20 Jahren gestritten wird, sollte nach dem Willen der steirischen Landesregierung und des Wirtschaftsministeriums gebaut werden, um die verkehrsgeplagte Bevölkerung im Ennstal

zu entlasten. Das Gebiet, durch das die Trasse geführt werden sollte, ist aber hochwassergefährdet. Umweltschützer befürchteten darüberhinaus auch eine Zerstörung schützenswerter Biotope. Jetzt

scheint sich zwar eine Lösung abzuzeichnen, mit der auch die Umweltschützer einverstanden sind. Die Straße soll im Wesentlichen nur aus Ortsumfahrungen bestehen.

Rätsel ohne Lösung

Freilich, die Streitigkeiten sind damit nicht beigelegt. Die Opposition hatte im Unterausschuß des Rechnungshofausschusses eine Untersuchung ihrer Meinung nach rechtswidriger Vorgänge

eingefordert. Dabei ging es vor allem um die Enteignung von Bauern, die vom Obersten Gerichtshof wieder aufgehoben worden waren. Eine Anhörung von zuständigen Politikern und Beamten, die darüber

Klarheit schaffen hätten können, wer dafür verantwortlich war, wurde aber von den Regierungsparteien abgelehnt, kritisierte die Vorsitzende des Ausschusses, die FPÖ-Abg. Ute Apfelbeck in der

Nationalratsdebatte. Das bestritten die Regierungsparteien. Man hätte 22 Zeugen vorgeladen, argumentierte die ÖVP. Die Opposition hätte sich daher ausreichend informieren können. Konter der Liberalen

und der Grünen: Unter den 22 Zeugen wäre keiner gewesen, der Auskunft darüber geben hätte können, welche Politiker hinter den Weisungen für die Enteignungen der Bauern standen und dafür, daß

Demonstranten auf Streitwerte von mehr als 100.000 Schilling geklagt wurden.

Aufklärung in dieser Angelegenheit brachte aber auch die Debatte im Plenum nicht. Sie trug der Opposition nur Rügen von den Regierungsparteien ein. Kontrolle sei gut, meinte die SPÖ, aber die

Opposition schiebe Kontrolle nur vor, um daraus politisches Kleingeld zu schlagen.

Aufreger Nr. 2

Kritik des Rechnungshofes gab es aber auch in einem, ebenfalls Anfang November präsentierten Bericht zu einem Thema, das Patienten oft verärgert. Dabei ging es um die oft unterschiedlichen Kosten

für Heilmittel und Heilbehelfe. Wobei der Rechnungshof feststellte, daß es bereits große Verbesserungen gebe. Denn über dem europäischen Durchschnitt liegen die Preise für Arzneimittel in Österreich

zwar noch immer. In acht anderen der 15 EU-Staaten kosten Medikamente weniger.

Immerhin aber konnte der Hauptverband der Sozialversicherungen in den Jahren 1996 und 1997 beachtliche Verhandlungserfolge erzielen, die Handelsspannen und damit die Preise senken. So der RH-Befund,

der das Preis-Leistungsgefüge der 15 österreichischen Sozialversicherungen überprüfte.

Krankenkassen im Visier

Weniger gute Noten gab es bei Heilbehelfen und Hilfsmitteln. Hier bemängelte der Rechnungshof die oft großen Unterschiede bei Kostenzuschüssen, aber auch bei den von den Versicherungen bezahlten

Preisen. Beispiel "Standardrollstühle": Hier zahlte die Bauernversicherung dem Erzeuger 6.200 Schilling, die Beamtenversicherung beschaffte ein gleichwertiges Produkt um 17.900 Schilling. Anderes

Beispiel: Halskrausen (sie werden nach Unfällen mit Peitschenschlageffekt verordnet). Hier bewegten sich die Preise für gleichwertige Produkte zwischen 53 und 998 Schilling. Ein Umstand, den die

Freiheitlichen schon im Jahr 1993 heftig kritisiert hatten. Im Juni 1996 schließlich verwandelten sie den Plenarsaal in einen Schauraum für Heilmittel und Heilbehelfe. Mit Halskrausen, Krücken und

sogar mit Spezial-Klosettbrillen für Behinderte bewaffnet verliehen sie einem Antrag auf Überprüfung der Krankenkassen durch den Rechnungshof Nachdruck. Der Rechnungshof prüfte und bestätigte zu hohe

Kosten vor allem im orthopädischen Bereich. Für die Freiheitlichen eine Bestätigung ihrer Vorwürfe. Die Krankenkassen, so meinten sie, hätten daraus aber in zu geringem Maß Konsequenzen gezogen. Nach

wie vor wären die Einsparungen zu gering und die Patienten wären die Leidtragenden. Das wollte Sozialministerin Lore Hostasch nicht gelten lassen. Man habe sehr wohl auf die Empfehlungen des

Rechnungshofes reagiert, betonte sie. Einiges wäre schon geschehen, wie zum Beispiel eine Senkung der Medikamentenpreise, in anderen Bereichen wäre man dabei, günstigere Preise und eventuell einen

Gesamtvertrag auszuhandeln.

Das Kontrollorgan des Parlaments

Gestritten wurde in der Debatte vorwiegend darüber, ob die Krankenkassen auch ohne die Überprüfung durch den Rechnungshof reagiert hätten. Liberale und Grüne vertraten den Standpunkt, daß es erst

durch den Rechnungshof zu Einsparungen gekommen wäre. Schützenhilfe bekam die Opposition dabei von der ÖVP. Sie bekräftigte, daß es richtig gewesen wäre, den Rechnungshof einzuschalten. Nicht so die

SPÖ-Abg. Elisabeth Pittermann. Eine Kontrolle des Rechnungshofes wäre nicht notwendig gewesen, betonte sie. Denn die Schritte zur Kostenreduzierung seien schon vorher eingeleitet worden. Pittermann

attackierte darüberhinaus den Rechnungshofpräsidenten und meinte, sie sei jedesmal "verwundert bis verärgert", wenn der Rechnungshof sich nicht auf die Kontrolle beschränke, sondern auch "Ezzes"

gebe. Eine Wortmeldung, die der Rechnungshofpräsident relativ gelassen parierte. Es wundere ihn, so Fiedler, daß ausgerechnet ein Mitglied des Nationalrats die Arbeit des Rechnungshofs kritisiere.

Denn der Rechnungshof sei nicht nur verpflichtet, zu kontrollieren, sondern auch dazu, Empfehlungen abzugeben.Õ

Ine Jezo-Parovsky ist Mitarbeiterin der ORF-Parlamentsredaktion

DEZEMBER 1998