Die Opfer des Franco-Regimes fordern Aufklärung. | Madrid. (dpa) Eine 1,5 Tonnen schwere Marmorplatte bedeckt das Grab von Francisco Franco. Dennoch wirft das Regime des spanischen "Generalisimo" bis heute seine Schatten auf die spanische Politik. Für die Verbrechen der Franco-Diktatur (1939-1975) wurde nie ein Politiker oder Militär zur Rechenschaft gezogen. Der Untersuchungsrichter Baltasar Garzon wagte es, das Tabu zu brechen und Ermittlungen einzuleiten. Er musste seine Nachforschungen jedoch auf Geheiß der Gerichte einstellen.
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Der "Tyrannen-Jäger", der 1998 den chilenischen Ex-Diktator Augusto Pinochet festnehmen ließ, ist nun selbst zu einem Gejagten geworden. Die Justiz legt dem 54-Jährigen zur Last, mit seinen Ermittlungen bewusst gegen das Amnestie-Gesetz von 1977 verstoßen und das Recht gebeugt zu haben. Bei einem Schuldspruch droht ihm ein 20-jähriges Berufsverbot.
Der Fall Garzon hat die Spanier in zwei Lager gespalten. Rechtsgerichtete und konservative Kräfte begrüßen das Vorgehen der Justiz. Sie waren schon immer dagegen gewesen, Vergangenheitsbewältigung zu betreiben und die Zeit des Bürgerkriegs aufzuarbeiten. Dagegen macht die Linke gegen das Vorgehen der Justiz mobil. Am Wochenende demonstrierten zehntausende Spanier für Garzon.
Angehörige von Opfern des Franco-Regimes forderten Klarheit über das Schicksal von mehr als 100.000 Franco-Gegnern, die gegen Ende des Bürgerkriegs (1936-1939) und in der Anfangszeit der Diktatur aus politischen Gründen ermordet worden waren.
Die Pro-Garzon-Bewegung erhielt Unterstützung bei den großen Gewerkschaftsverbänden und bei Prominenten wie Filmemacher Pedro Almodovar, dem Schriftsteller Juan Goytisolo oder der Schauspielerin Pilar Bardem. Sie hat auch längst die Grenzen des Landes überwunden. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International oder Human Rights Watch protestierten gegen das gegen Garzon eingeleitete Verfahren ebenso wie die Nobelpreisträger Adolfo Perez Esquivel (Argentinien) oder Jose Saramago (Portugal).
Auch große Blätter der Weltpresse zeigten wenig Verständnis für das Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof in Madrid. "Die wirklichen Verbrechen bestehen in dem Verschwinden von Gegnern des Franco-Regimes, nicht in den Ermittlungen Garzons", meinte die "New York Times".
In Spanien hat Garzon mit seinen Ermittlungen nicht nur Anerkennung gefunden, sondern sich auch viele Feinde gemacht. Die Konservativen sind auf den Richter nicht gut zu sprechen, weil er einen großen Korruptionsskandal in der Volkspartei (PP) aufdeckte.
Gegen den Richter laufen derzeit genaugenommen drei Verfahren. Das erste betrifft die Ermittlungen zu den Verbrechen des Franco-Regimes. Im zweiten geht es um das - angeblich illegale - Abhören von Verdächtigen in der Korruptionsaffäre der PP und im dritten um angebliche finanzielle Unregelmäßigkeiten bei Seminaren, die Garzon in New York abhielt.