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Anklage wegen Ermittlungen über Verbrechen in der Franco-Zeit.
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Madrid. Spaniens wohl bekanntester Richter Baltasar Garzon bleibt weiterhin im Visier der Justiz. Der Oberste Gerichtshof beschloss am Dienstag, dass das Verfahren gegen Garzon wegen dessen Ermittlungen über Verbrechen in der Franco-Zeit fortgesetzt wird, obwohl sich sowohl die Anklage als auch die Verteidigung für die Einstellung des Verfahrens ausgesprochen hatten.
Das Verfahren gegen Garzon vor dem Obersten Gerichtshof war von zwei rechtsextremen Organisationen angestrengt worden, die Garzon vorwerfen, gegen das Amnestiegesetz aus dem Jahr 1977 verstoßen zu haben. Garzon hingegen ist der Meinung, dass seine Ermittlungen, die sich auf das Schicksal von rund 114.000 Vermissten aus der Zeit des Bürgerkrieges (1936 bis 1939) und der Franco-Ära (1939 bis 1975) bezogen, trotz des in der Übergangsphase nach Francos Tod beschlossenen Amnestiegesetzes durchgeführt werden konnten, weil es sich um Verbrechen gegen die Menschlichkeit gehandelt habe, die nach internationalem Recht nicht von der juristischen Aufarbeitung ausgeschlossen werden können.
Bei einer Verurteilung drohen dem 1955 geborenen Garzon, der international durch sein Auslieferungsansuchen gegen den chilenischen Ex-Diktator Augusto Pinochet Schlagzeilen gemacht hat, 20 Jahre Berufsverbot, was das Ende seiner richterlichen Karriere bedeuten würde.
Gegen Garzon laufen auch noch zwei weitere Verfahren, die im Fall eines Schuldspruches mit einem langjährigem Berufsverbot enden könnten. In einem Fall wird ihm vorgeworfen, bei der Aufklärung umfangreicher Korruptionsverfahren, in die führende Mitglieder der konservativen Volkspartei in Valencia und Madrid verstrickt waren, das Abhören der Gespräche der Angeklagten mit ihren Anwälten veranlasst zu haben. Im dritten Fall geht es um die Einstellung einer Untersuchung gegen die Banco Santander, die vom Höchstgericht als rechtmäßig erkannt wurde.