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Richter schließen Gerichte aus Protest gegen Gehaltstabellen

Von Brigitte Pechar

Politik

Steßl: Gesetzesreparatur verhindert strukturelle Mehrkosten für Steuerzahler.


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Wien. Die Richter und Staatsanwälte befürchten Gehaltskürzungen und protestieren: Für Donnerstag wurde ein Großteil der Gerichtsverhandlungen abgesagt. Auch weitere Proteste werden überlegt. Richtervereinigung, Staatsanwälte und Gewerkschaft beraten am Donnerstag darüber. Grund für den Unmut unter den Justizbeamten - wie auch in der gesamten Gewerkschaft der öffentlich Bediensteten (GÖD) - ist die quasi überfallsartige Beschlussfassung der Neuregelung der Beamtengehälter im Nationalrat am Mittwoch.

Hintergrund der Systemumstellung ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom November 2014, das für den Bund enorme Mehrkosten zur Folge gehabt hätte - die Rede war von 3 Milliarden Euro. Denn der EuGH legte nahe, dass auch Ausbildungszeiten vor dem 18. Geburtstag angerechnet werden müssten. Teure Vorrückungen wären die Folge gewesen.

Dem begegnet die Regierung nun mit einer komplett neuen Systematik. Anstatt beim Eintritt in den Bundesdienst nach komplizierten Regeln einen Vorrückungsstichtag zu ermitteln, wird es künftig eine Gehaltseinstufung nach klaren Vorgaben geben. Berücksichtigt werden demnach (außer Dienstzeiten bei anderen Gebietskörperschaften und maximal sechs Monaten Präsenz- beziehungsweise Zivildienst) nur noch Zeiten einer einschlägigen, für die neue Aufgabe nützlichen Berufstätigkeit. Maximal zehn solcher Berufsjahre werden in Hinkunft im sogenannten "Besoldungsdienstalter" Niederschlag finden.

Der Gesetzgeber legt aber gleichzeitig eine Zwangsüberleitung fest. Diese erfolgt in eine niedrigere Stufe, allerdings mit einer verkürzten Wartezeit auf eine Vorrückung.

Für die Regierung war eine rasche Reparatur notwendig - einerseits um Rechtssicherheit zu gewährleisten, andererseits um eine Verteuerung der rund 130.000 Beamten zu verhindern. Seit Mitte Dezember hat Staatssekretärin Sonja Steßl mit der GÖD deswegen verhandelt - bis Freitag gab es allerdings keine Einigung. Deshalb peitschte die Regierung die Änderung am Montag durch einen außerordentlichen Verfassungsausschuss und gestern durch den Nationalrat. Die Opposition schäumte ob dieser hektischen parlamentarischen Vorgangsweise. Aber aus dem Büro von Steßl hieß es, die Zeit dränge, denn das neue System soll ab 1. März gelten - dann schon mit der diesjährigen Beamtengehaltserhöhung von 1,77 Prozent.

EuGH: Keine Anrechnung von Schulzeiten auf Pension

"Wir tragen das nicht mit", hieß es von der GÖD zur "Wiener Zeitung". Besonders betroffen seien die Richter, die einen Verlust von 5500 Euro in der Lebensverdienstsumme berechnet haben. In der GÖD pocht man auf Kostenneutralität. "Eine Gesetzesreparatur darf nicht zu Verschlechterungen führen." Staatssekretärin Steßl sagte in Richtung der Richter, man solle nicht hitzig an die Sache herangehen, sondern Ruhe bewahren. Sie sei jederzeit zu Gesprächen bereit und sagte Nachjustierungen zu.

Zufrieden reagierte man im Beamtenstaatssekretariat auf ein Urteil des EuGH vom Mittwoch, das die gängige Regelung der Nichtanrechnung von Schulzeiten vor dem 18. Lebensjahr auf die Pension eines Bundesbeamten mit EU-Recht für vereinbar hält.