"Liberale Richterin unterstützt Pläne der Demokraten, die nationale Sicherheit zu schwächen". Mit dieser Schlagzeile versuchte die Republikanische Partei, die Niederlage ihrer Regierung im Gerichtsbezirk Detroit für den Wahlkampf zu nützen. Im November wird bei den Mid-Term-Wahlen die Zusammensetzung des US-Kongresses neu bestimmt, in dem die Republikaner derzeit die Mehrheit haben.
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Schon im Juni hatte der Oberste Gerichtshof der Anti-Terror-Politik von Präsident George W. Bush einen Rückschlag versetzt, als er die Militär-Tribunale für die Inhaftierten im Gefangenenlager Guantanamo für unrechtmäßig erklärte. Gegen das Urteil der Bundesrichterin ist eine Berufung noch möglich; dennoch sehen die Konservativen darin schon Gefahren und stellten eine Verbindung mit den jüngst verhinderten Anschlägen auf Transatlantikflüge her. Bisher fehlt freilich jeder Beleg dafür, dass das verurteilte Abhörprogramm in den USA mit dem Fahndungserfolg zusammenhängt.
Es ging um das Abhören von Telefongesprächen und das Abfangen von E-Mails von US-Bürgern, angeblich nur von jenen ins Ausland, ohne jede richterliche Genehmigung. Bush hatte die Operation nach den Anschlägen vom 11. September 2001 ohne Information des Kongresses bewilligt. Mit der Überwachung wurde der Militärgeheimdienst NSA (National Security Agency) betraut, der an sich nur für Auslandsüberwachung zuständig ist.
Die Richterin sah nun Verstöße gegen Verfassungszusätze und ein Gesetz von 1978, das die richterliche Überwachung von geheimdienstlichen Aktivitäten in den USA vorsieht.
"Es war nie die Absicht der Gestalter, dem Präsidenten so unbeschränkte Kontrolle zu geben, vor allem, da die Aktionen eklatant die Rahmenbedingungen der ,Bill of Rights (Freiheitsurkunde) missachten", heißt es in dem Urteil, das die Einwände der Regierung zurückweist. Diese will die Überwachung allerdings fortsetzen und hofft, durch ein Gesetz die Situation zu beruhigen, das die Überprüfung des Programms durch einen Geheimgerichtshof erlaubt.
Andere Gesetzesvorschläge wollen das Überwachungsprogramm, je nach Parteienstandpunkt, legalisieren, beschränken oder verbieten. Die Republikaner nehmen das Urteil neuerlich zum Anlass, die Demokraten als jene darzustellen, die die Sicherheit der USA gefährden, und verweisen auf die liberale Vergangenheit von Richterin Anna Diggs Taylor. Die 73-Jährige war in den Siebziger Jahren für die Bürgerrechtsbewegung tätig und wurde 1979 als erste schwarze Frau von Präsident Jimmy Carter an das Detroiter Bundesgericht berufen.
Die Diskussion zwischen Verteidigern bürgerlicher Freiheiten und Verfechtern des Anti-Terror-Kampfes verläuft allerdings entlang der üblichen Parteigrenzen. Daher sind nur wenig Auswirkungen für das Wahlverhalten der US-Bürger zu erwarten. Sie dürften sich eher von der misslichen Lage im Irak beeindrucken lassen.