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"Richterin Gnadenlos" vor Scherbenhaufen

Von Walter Hämmerle

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Claudia Bandion-Ortner war als die Frau, die Helmut Elsner hinter Gitter brachte, vor fast genau zwei Jahren der Star der neuen Regierung. Doch medialer Ruhm ist schnell vergänglich.


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Sie war Josef Prölls Personalüberraschung, der bunte Vogel sozusagen, der dem wenig spektakulären ÖVP-Regierungsteam Farbe bescheren sollte: Am 24. November 2008 präsentierte Pröll die damalige Bawag-Richterin Claudia Bandion-Ortner als parteifreie Justizministerin auf einem ÖVP-Ticket.

Da war die am 30. November in Graz geborene Juristin bereits zum Star aufgestiegen. Als Richterin im Bawag-Prozess gegen Helmut Elsner und Co wurde sie zum begehrten Objekt der medialen Begierde. Von Mitleid mit Elsner, wie es heute im Blätterwald längst die Überhand gewonnen hat, war damals noch keine Spur: Die veröffentlichte öffentliche Meinung quer durch alle Medien und Parteien forderte eine harte Strafe gegen die Hauptschuldigen für den Untergang der einst stolzen Gewerkschaftsbank. Und Bandion-Ortner war die Richterin, die diesem Ruf mit ihrem Urteil folgte.

Damit wurde Bandion-Ortner quasi über Nacht zur heißen politischen Aktie. "Richterin Gnadenlos" titelte genüsslich der Wiener Boulevard Porträts der durchaus lebenslustigen Juristin. Elsner und seine mitangeklagten Banker hatten damals, am Höhepunkt der von den Banken ausgelösten Finanzkrise, das Image von Volksfeinden.

Die ÖVP fand, was sie selbst so dringend suchte: jung, weiblich, dynamisch und eben nicht die ewig gleichen grauen Parteidiener aus den Bünden. Josef Pröll, selbst frisch-gekürter ÖVP-Obmann, stand seine Freude über diesen Personal-Coup bei der Vorstellung Bandion-Ortner überdeutlich ins Gesicht geschrieben. Da machte es auch fast nichts, dass die Richterin den Staatsanwalt des Bawag-Prozesses, Georg Krakow, zu ihrem Kabinettschef machte. Juristisch sensiblere Gemüter haben das bereits damals als - gelinde gesagt - fatale Optik bezeichnet.

Das Modell des "Richter Gnadenlos" als Sprungbrett für eine politische Karriere war bisher vor allem aus den USA bekannt. In Österreich kann allenfalls Helene Partik-Pablé als Vorläufer angeführt werden: Als Untersuchungsrichterin im Wiener AKH-Skandal wurde sie 1981 vom "Trend" zur "Frau des Jahres" gewählt. Bald darauf ereilte sie der Ruf der Politik - von 1983 bis 2006 werkte Partik-Pablé als freiheitliche Justizsprecherin.

Der Glanz der unverbrauchten Bandion-Ortner begann bald matter zu schimmern. Dass die Ministerin per Ausnahmegenehmigung auf der Busspur fahren wollte, galt noch als klassischer Ausrutscher eines Politfrischlings. Schlimmer wirkte sich die Debatte über die Unabhängigkeit der Justiz bei Verfahren gegen Karl-Heinz Grasser und Freunde aus.

Und seit Dienstag droht das Sprungbrett für die

Polit-Karriere Bandion-Ortners wegzubrechen.

Siehe auch:Da capo statt Schlussakkord