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Richtig munter nur durch Schlaf

Von Joachim Hohl

Wissen

Nur durch Schlaf wird man richtig munter. Doch jeder vierte Österreicher leidet an Schlafstörungen und einer damit verbundenen massiven Beeinträchtigung der Lebensqualität. Dennoch wird diese Problematik nach wie vor nicht ausreichend erkannt. So begibt sich nur jeder dritte Betroffene in ärztliche Obhut, wie die Österreichische Gesellschaft für Schlafmedizin und Schlafforschung am Donnerstag mitteilte.


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Mit der Initiative "Gesundes Schlafen" versucht die Gesellschaft auf die unbefriedigende Situation aufmerksam zu machen. Ein Schwerpunkt soll dabei auf der Fortbildung von Ärzten liegen. Mit speziellen Seminaren sollen die Mediziner für die Krankheit sensibilisiert werden. Der Leiter des pädiatrischen Schlaflabors im Wiener AKH, Osman Ipsiroglu, hält eine Fortbildungsoffensive für dringend notwendig: "Schlafstörungen sind sehr vielschichtig. Viele Ärzte fürchten daher in eine komplexe Geschichte zu geraten und stecken den Kopf buchstäblich in den Sand." Gerade Ärzte hätten als "Gate-Keeper" jedoch die Verpflichtung, die Ursache für gestörten Schlaf zu entdecken, den Patienten zu informieren und richtig weiter zu vermitteln.

Langfristige Folgeschäden

"Schlafstörungen werden oft als Normalität oder mythische Erscheinung abgetan. Dabei ist es erforderlich, sie im sozialen Umfeld zu betrachten", fordert Ipsiroglu. Denn Folge ungesunden Schlafs wären oft verminderte körperliche und geistige Leistungsfähigkeit. Ipsiroglu nannte das Beispiel eines Lastkraftfahrers, der aufgrund unregelmäßiger und zu langer Arbeit schwerste Schlafstörungen bekam, die schlussendlich auch zur Arbeitsunfähigkeit führten. "Da wird der Tankwagen zur tickenden Bombe", so Ipsiroglu.

"Die Tagesbegleitsymptomatik wird oft unterschätzt", stellt auch Bernd Saletu, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Schlafmedizin und Schlafforschung, fest. 29 Prozent der Österreicher seien tagesmüde. Aber bedenklich wären die 14 Prozent, die regelmäßig unter "Tagesschläfrigkeit" leiden. "Die haben dann schon öfter Einbrüche", so Saletu.

Hauptursache Depression

Schlafstörungen seien zumeist emotionell bedingt, so Saletu. Depressionen oder andere Gemütserkrankungen könnten dazu führen. Ein Drittel der Fälle sei aber durch Erkrankungen der Atmungs- und Bewegungsmotorik verursacht. Besonders betroffen seien Schichtarbeiter, so Saletu, wobei hier Krankenhausangestellte wiederum eine Sonderrolle einnehmen. Denn während sich andere Berufsgruppen wie Piloten den Einfluss von Müdigkeit auf ihre Leistungsfähigkeit zumindest eingestünden, sei dies bei medizinischem Personal kaum der Fall. "Das hat mit der Selbsteinschätzung und dem generellen Umgang mit Problemstellungen zu tun. Von arbeitsmedizinischer Seite muss man hier aber dringend tätig werden."

Eine flächendeckende Versorgung von Schlafstörungen ist in Österreich nicht gegeben, so Ipsiroglu. Während insgesamt nur 15 Schlaflabors für Erwachsene bestehen, gebe es aber immerhin 24 für Kinder. "Das hat damit zu tun, dass man den plötzlichen Säuglingstod hier oft in Verbindung gebracht hat", so Ipsiroglu zur "Wiener Zeitung". "Wenn es um den Tod geht, passiert auch etwas". Angesichts des Bedarfs an Hilfe müsse die Versorgung an Schlafzentren jedenfalls generell massiv ausgebaut werden, so der "Schlaf-Experte".