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Während das heimische Parlament damit beschäftigt war, die Beschlüsse des EU-Gipfels in unterschiedlicher Qualität zu diskutieren, hat Italien Anleihen begeben, zirka acht Milliarden Euro. Gemessen am Kapitalbedarf der drittgrößten Volkswirtschaft Europas ein Klacks, für Berlusconi brachte es aber ein neues Desaster. Denn die Uhr tickt für das Land. Italien schuldet derzeit in immer stärkerem Ausmaß längerlaufende Anleihen in sogenannte Kurzläufer um. Das bedeutet, dass das Land finanziell immer kurzatmiger wird und immer öfter mit immer höheren Beträgen den Finanzmarkt bemühen muss. Das Ganze noch dazu mit horriblen Zinsen an der 6-Prozent-Marke.
Den 15-Seiten-Brief, den Berlusconi zum EU-Gipfel mitbrachte und in dem die Einsparungsmaßnahmen aufgelistet sein sollen, kennen in Rom nicht einmal die Parlamentarier. Die Industrie lahmt, das Wachstum 2012 liegt - in der optimistischen Variante - bei null. Italien hat fast 2000 Milliarden Euro Schulden. Ihrer größten Bank, der Unicredit, fehlen 7,4 Milliarden Kapital.
Nun könnte man sagen, das sollen sich die Italiener mit ihrem Bunga-Bunga-Regierungschef selbst ausmachen. Doch Italien ist Österreichs zweitgrößter Handelspartner, und der Unicredit gehört die Bank Austria, Österreichs größte Bank.
Italien selbst steht 2012 vor einem immensen Finanzierungsbedarf, weil sehr viele Anleihen auslaufen. Der Kapitalbedarf der Unicredit macht 40 Prozent des derzeitigen Wertes der Bank aus. Die Börse bewertet sie mit 18 Milliarden.
Was in Italien passiert, ist daher in Österreich und der EU von allerhöchstem Interesse. Politisch ist eines klar: Berlusconi kann es nicht. Wenn dem Land aber tatsächlich vorgezogene Wahlen bevorstehen, droht auch das Jahr 2012 für die notwendigen Reformen verloren zu gehen. Ein Grund mehr für einen EU-weiten Budgetaufpasser.
Wenn die Unicredit wesentliche Beteiligungen verkaufen muss oder eine Kapitalerhöhung macht, die einen neuen Großaktionär bringt, so tangiert dies Österreich wesentlich. Ist die Bank Austria betroffen? Was tut ein neuer Großaktionär mit der Bank Austria?
Die Krise ist mit den EU-Beschlüssen beileibe nicht überwunden, immerhin ist es jetzt möglich, sich den wahren Problemen zu widmen. Italien steht ganz oben.