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Riesenprojekt mit mehr als 32 offenen Fragen: Quo vadis, U-Ausschuss?

Von Katharina Schmidt

Analysen

Es ist bereits der dritte Untersuchungsausschuss in dieser Legislaturperiode. Und es ist bereits das dritte Mal, dass sich im Nationalrat eine Regenbogenkoalition gegen die ÖVP verbündet hat. Auch bei der Einsetzung der beiden U-Ausschüsse zu Banken und Eurofightern 2006 fehlten die Stimmen der Volkspartei. Damals hatten die Schwarzen allerdings noch ein - ebenso Aufsehen erregendes wie letztlich folgenloses - Druckmittel in der Hand: Kurzerhand erklärte sie die Koalitionsgespräche mit der SPÖ für unterbrochen.


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Heute sind die Möglichkeiten der ÖVP noch eingeschränkter, wenn auch gleichermaßen Aufsehen erregend wie folgenschwer. Sie könnte den Erwartungen politischer Beobachter und ihren eigenen "Kriegsfall"-Unkenrufern gerecht werden, die Koalition für gescheitert erklären und Neuwahlen ausrufen. Diese Option birgt jedoch für beide Großparteien die Gefahr des massiven Absturzes in der Wählergunst in sich. Also hat sich die ÖVP dazu entschlossen, gute Miene zum für sie bösen Spiel zu machen und den U-Ausschuss zumindest in seiner Arbeit zu unterstützen. Die Warnung von Innenminister Günther Platter, man werde den Beschluss "bereuen", könnte sich jedoch bewahrheiten.

Denn mit 32 zu klärenden Fragen, die sich über drei Ministerien - Innen-, Außen- und Justizressort -, drei Parteien - ÖVP, SPÖ und FPÖ/BZÖ - und einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren - bis zu den Briefbomben-Attentaten - erstrecken, haben sich die Abgeordneten eine Monsteraufgabe verordnet. Selbst bei einem fixen Sitzungsrhythmus von zwei bis drei Mal pro Woche, wie ihn Nationalratspräsidentin Barbara Prammer fordert, ist nicht davon auszugehen, dass der U-Ausschuss noch heuer ein Ende finden wird.

Es sei denn, es kommt doch noch zu Neuwahlen, dann verfallen sämtliche offenen Verhandlungsgegenstände der alten Legislaturperiode. Eine Neueinsetzung wäre aber möglich - so geschehen mit zwei Ausschüssen in den 1970ern.

Die Glaubwürdigkeit des Ausschusses steht und fällt mit dem Vorsitzenden. Sollte dieser wider Erwarten doch Peter Pilz heißen, dann wird die ÖVP alles tun, um die Untersuchungen zum "Polit-Tribunal" zu degradieren. Denn als Aufdecker der Affäre ist der Grüne den Schwarzen ein Dorn im Auge. Die Chancen für den Gegenkandidaten Peter Fichtenbauer (FPÖ) stehen daher denkbar gut.

Zudem hat der Ausschuss gleichsam mit der Sinnfrage zu kämpfen: Bisher hatten nur wenige U-Ausschüsse handfeste politische Folgen. Prominente Beispiele sind die Rücktritte 1989 von Karl Blecha als Innenminister und Nationalratspräsident Leopold Gratz. Die beiden SPÖ-Politiker stolperten über Noricum- und Lucona-U-Ausschuss. Ob es diesmal ÖVP-Granden trifft, wird die Zukunft zeigen - die Volkspartei hat der SPÖ jedenfalls bereits Gegenattacken angekündigt. 5