Als Motto gilt: Jeder gegen jeden, alle gegen die SPÖ. | Bawag-Affäre ist Wasser auf die Mühlen der ÖVP. | Rennen um Platz eins dennoch offen. | Wien. Entgegen allen anders lautenden Beteuerungen: ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grüne und BZÖ sind längst mitten im Wahlkampf. In Sachen Rhetorik regiert auf allen Seiten längst nur mehr der Holzhammer. Die Sprache ist polemisch, bisweilen sogar grob untergriffig. Dabei ist der Termin für die Nationalratswahlen noch mindestens sechs Monate entfernt. Dieses Gefühl des Noch-weit-weg-seins gilt allerdings nur für die Wähler. Aus Sicht der politischen Parteien sprechen viele guten Gründe für diesen Frühstart in den Wahlkampf.
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Wien. Entgegen allen anders lautenden Beteuerungen: ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grüne und BZÖ sind längst mitten im Wahlkampf. In Sachen Rhetorik regiert auf allen Seiten längst nur mehr der Holzhammer. Die Sprache ist polemisch, bisweilen sogar grob untergriffig. Dabei ist der Termin für die Nationalratswahlen noch mindestens sechs Monate entfernt. Dieses Gefühl des Noch-weit-weg-seins gilt allerdings nur für die Wähler. Aus Sicht der politischen Parteien sprechen viele guten Gründe für diesen Frühstart in den Wahlkampf.
Neben der Notwendigkeit, sich bereits jetzt mit Themen zu positionieren, ist dafür vor allem der Bawag-Skandal samt damit einhergehender ÖGB-Krise verantwortlich. Beide zusammen haben das Potenzial zum Sargnagel für den Nummer-Eins-Anspruch der SPÖ. Es überrascht nicht, dass sämtliche Parteien, die Hoffnungen auf ein Stück des SPÖ-Wählerkuchens hegen, alles daran setzten, dass nicht so schnell Gras über die Affäre wachsen wird.
In erster Linie ist die Affäre natürlich Wasser auf die Mühlen der ÖVP, die bis dahin in sämtlichen Umfragen konstant hinter der SPÖ lag. Nun liegen beide wieder Kopf-an-Kopf in der empirisch erhobenen Wählergunst - übrigens die Lieblingskonstellation sämtlicher Medienleute, verspricht sie doch Spannung und Dramatik.
Doppelstrategie der SPÖ
Die SPÖ versucht mit einer Doppelstrategie dagegen zu halten. Nach innen, in Richtung der eigenen Anhänger, ist man um Schadensbegrenzung bemüht, um die strategisch lebensnotwendige Achse zum ÖGB nicht über Gebühr zu belasten. Nach außen folgt man der alten Devise, nach der Angriff immer noch die beste Verteidigung ist. Die Bawag-ÖGB-Sache, so lautet hier die Botschaft, ist zwar eine unschöne Geschichte, tatsächlich aber längst passé und in Wirklichkeit ist alles noch einmal gut gegangen. Die wirklich wichtigen Themen in Österreich seien daher Rekordarbeitslosigkeit, Bildungsmisere, Zweiklassen-Medizin etc. Ob diese Bemühungen der SPÖ, die Bawag-Affäre klein zu reden, von Erfolg gekrönt sind, lässt sich erst in einigen Wochen seriös beurteilen. Dann erst wird feststehen, ob es ÖVP, FPÖ, BZÖ und Grünen gelungen sein wird, den Skandal im Tiefengedächtnis der Wähler zu verankern, auf dass die Erinnerung an ihn nur mehr rechtzeitig zum Wahltag reaktiviert werden muss.
Eines aber lässt sich jetzt schon sagen: Alle Anstrengungen der SPÖ, die ÖVP auf dem Gebiet der Wirtschaftskompetenz herauszufordern, sind mit einem Schlag zunichte gemacht. Was bleibt, ist die Konzentration auf die traditionellen Kernthemen der SPÖ: Arbeit und Soziales.
Natürlich sind die Wahlen - angesichts eines Unentschlossenen-Anteils von 30 Prozent und mehr - längst nicht entschieden. Hinzu kommen die Unwägbarkeiten des politischen Alltags: Keine Partei ist vor Skandalen gefeit.
Das wichtigste jedoch: Wahlen sind, entgegen einem weit verbreiteten Vorurteil, keine Zeugnisverteilung für die Vergangenheit, weshalb auch der Slogan vom Wahltag als Zahltag griffig, aber leider falsch ist. Die besten Siegaussichten hat nämlich jene Partei, der die Wähler am ehesten zutrauen, die anstehenden Probleme zu lösen. Und um diese Zukunftskompetenz wird in den kommenden Monaten erbittert gekämpft werden.