Favoritenrolle für Strauss-Kahn. | Aufregung um Sarkozys Wirtschaftsprogramm. | Brüssel. Bei den heißesten Themen des EU-Finanzministertreffens spielte der französische Präsident Nicolas Sarkozy eine Hauptrolle. Es soll ein Nachfolger für den scheidenden Vorsitzenden des Internationalen Währungsfonds (IWF), Rodrigo Rato, gefunden werden - eine Entscheidung ist heute, Dienstag, jedoch noch nicht zu erwarten.
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Kurz vor dem Treffen schien sich der ehemalige französische Finanzminister Dominique Strauss-Kahn als Favorit für den IWF-Chefposten herauszukristallisieren. Sarkozy hatte sich für ihn stark gemacht: Strauss-Kahn sei aus seiner Sicht der am besten geeignete Kandidat. Seinen Vorschlag habe er bereits mit den USA, Spanien, Italien und Großbritannien abgestimmt. Unterstützung für den Franzosen gab es auch aus Deutschland. Finanzminister Peer Steinbrück sprach von einem "guten Kandidaten".
Ausgemacht sei die Sache jedoch noch nicht, hieß es aus Diplomatenkreisen. Gegen Strauss-Kahn spreche, dass mit Jean-Claude Trichet an der Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB) und Jean Lemierre als Präsident der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) bereits zwei Franzosen in den Chefsesseln wichtiger EU-Finanzinstitute sitzen.
Der IWF ist als wichtigste internationale Finanzinstitution zur Förderung von Entwicklungs- und Schwellenländern neben der Weltbank zwar keine EU-Einrichtung. Den Vorsitz hält jedoch traditionell ein Europäer, während die USA den Spitzenposten in der Weltbank für sich reservieren. Das ist den immer wichtiger werdenden Schwellenländern ein Dorn im Auge.
Darüber hinaus gebe es noch weitere Kandidaten aus anderen EU-Ländern, hieß es. So seien die Niederlande und Italien interessiert. Etwa der Name des ehemaligen EU-Wettbewerbskommissars Mario Monti kursierte. Auch in Frankreich selbst ist die Nominierung von Strauss-Kahn umstritten. Kritiker werfen Sarkozy vor, den einflussreichen Sozialisten wegloben zu wollen, um ein Zugpferd der Opposition kaltzustellen.
Budgetiert Paris erst 2012 ausgeglichen?
Am Montagabend wollte Sarkozy seine Wirtschaftspläne vorstellen, die allen Anzeichen nach im Widerspruch zum Euro-Stabilitätspakt stehen dürften.
Im Wahlkampf hatte er milliardenschwere Steuersenkungen versprochen. Sein Land werde erst 2012 ein annähernd ausgeglichenes Budget erreichen, hatte er im Vorfeld des Treffens gesagt - und damit für heftige Kritik gesorgt.
Denn dies widerspräche dem sogenannten präventiven Arm des Euro-Stabilitätspakts, den die Finanzminister erst vor kurzem einstimmig bekräftigt hatten. Demnach müssen wirtschaftlich gute Zeiten zur Haushaltskonsolidierung genutzt werden, das Nulldefizit wäre in allen Ländern der Eurozone bereits 2010 erreicht.
Die EU-Kommission sowie Diplomaten mehrerer Mitgliedsstaaten warnten bereits vor einem Ausscheren aus den Sparvereinbarungen der EU. Die Glaubwürdigkeit des Stabilitätspakts stehe hier auf dem Spiel.