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Bis September soll ein Konzept für die Privatisierung der voestalpine beschlossen sein und erste Schritte zu dessen Realisierung eingeleitet werden, verkündete ÖIAG-Vorstand Rainer Wieltsch Dienstag Abend nach einem dreistündigen "Gipfelgespräch" im Linzer Landhaus. Die zuvor stattgefundene Hauptversammlung war von Demonstrationen begleitet. Die Belegschaftsvertretung befürchtet, dass das zur Privatisierung anstehende Unternehmen "filetiert" wird und dabei Arbeitsplätze verloren gehen. Finanzminister Karl-Heinz Grasser versuchte zu beruhigen: Durch den Privatisierungsauftrag der Bundesregierung vom 1. April 2003 sei keine Gefährdung der österreichischen Industriestandorte gegeben.
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Die voestalpine soll laut Regierungsauftrag privatisiert werden, doch über das "Wie" oder auch "Wieviel" erhitzen sich seit Tagen die Gemüter. Derzeit hält die ÖIAG 34,7% am Unternehmen. Eine mögliche Übernahme durch den Magna-Konzern, mit dem es schon Vorgespräche gegeben hat, ist jüngst auf scharfe Kritik gestoßen. Zu Beginn der Hauptversammlung hatte ÖIAG-Vorstand Wieltsch erklärt, dass es keine "Geheimverhandlungen" mit Magna gegeben habe. Die Bundesregierung habe die ÖIAG mit der 100%-igen Privatisierung der voestalpine beauftragt. Dazu gelte es, das Interesse von Investoren zu sondieren. Dies sei mit Banken in Oberösterreich, Magna und mit anderen Investoren erfolgt.
Fix ist seit gestern eines: Bis September soll ein Konzept zur Privatisierung beschlossen sein. Die EU-Rahmenbedingungen werden eingehalten, versicherte Wieltsch. Auf die Frage, ob eine internationale Ausschreibung erforderlich sei, antwortete er: "Das kann eine Ausschreibung sein, das kann aber auch eine Annoncierung sein." Er glaube jedenfalls, dass sich auch "internationale Interessenten rühren werden". Voestalpine-Generaldirektor Franz Struzl betonte, der vorliegende Auftrag an die ÖIAG entspreche dem Wunsch des Vorstands.
Die Belegschaftsvertreter der voestalpine sehen jedoch die Gefahr der Zerschlagung des Unternehmens. In Oberösterreich hat die ÖVP einen dringlichen Antrag für die Landtagssitzung am Donnerstag eingebracht, in dem die Landesregierung ersucht wird, "das mit oberösterreichischen Banken und Unternehmen in Abstimmung mit der voest-Unternehmensleitung entwickelte Konzept zur Bildung eines starken heimischen Kernaktionärs (Oberösterreich-Fonds) mit Nachdruck weiter zu verfolgen und damit das Mehrheitseigentum an der voestalpine AG nach Oberösterreich zu holen". Die ÖIAG habe so lange ihren derzeitigen Aktienanteil an der voestalpine zu halten, "bis ein österreichischer Kernaktionär gebildet ist", fordert die VP. Komme es zur Bildung dieses Kernaktionärs in der Form eines Oberösterreich-Fonds, "dann besteht die Chance, dass sich mehr als 50% der Aktien insgesamt am Ende des Privatisierungsvorganges in oberösterreichischer Hand befinden", heißt es im Antrag. Neben des 34,7%-Anteils der ÖIAG befinden sich derzeit rund 30% der Aktien in österreichischer Hand (u.a. BAWAG/P.S.K. und RLB Oberösterreich).
Oberösterreich-Konsortium
Die oberösterreichische RLB-Gruppe, die bereits knapp 7% an der voestalpine hält, feilt bereits seit längerem an einem Übernahmeplan für den 34,7%-igen Anteil der ÖIAG. Dabei würde die RLB OÖ nicht selbst zum Kernaktionär werden, sondern "die RLB organisiert den Kernaktionär", so OÖ-Landeshauptmann Josef Pühringer letzte Woche gegenüber der "Wiener Zeitung". Nach bisherigen Plänen würde die RLB weniger als 10% direkt selbst übernehmen, für die restlichen 25% ein Konsortium zusammenstellen mit diversen Österreich-Fonds und Finanzinvestoren. Auch der Industrielle Hannes Androsch hat Interesse gezeigt und könnte Teil dieses Konsortiums sein. Ebenso ist die Wiener Städtische Versicherung bereit, ihre Beteiligung von derzeit rund 2% um "2 bis 5%" weiter aufzustocken. Wie berichtet, hat auch ThyssenKrupp, Deutschlands größter Stahlkonzern, Interesse bekundet.
Am 10. Juli werde in der ÖIAG-Hauptversammlung eine Konkretisierung des bereits bestehenden Privatisierungsauftrages ergehen: Demzufolge soll die ÖIAG beauftragt werden, zwei Privatisierungsoptionen zu prüfen: Einerseits über die Börse, andererseits über Finanzinvestoren. Ziel sei dabei die Bewahrung einer österreichischen Kernaktionärsstruktur, ferner der Einheit des Unternehmens, der Erhalt und Ausbau der Forschungs- und Entwicklungskapazitäten sowie die Aufrechterhaltung der Entscheidungszentrale in Österreich.