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Ringen um EU-Milliarden beendet

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Mehr Geld für Forschung, Bildung und Verkehrsnetze. | Einigung mit komplexe Zahlenspielen. | Straßburg. Der österreichische Bundeskanzler und amtierende EU-Vorsitzende Wolfgang Schüssel war am Mittwoch, sichtlich gut aufgelegt. Ein "guter Kompromiss" sei für den Finanzrahmen der EU für 2007 bis 2013 gelungen, sagte er. Vier Milliarden Euro konnten die Verhandler des Europäischen Parlaments dem österreichischen Finanzminister, der die Mitgliedsstaaten vertrat, nach langen Verhandlungen abringen.


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Dass sich der Rahmenhaushalt dabei nur um 2 Milliarden vom 862 Milliarden Euro schweren Dezemberkompromiss der Staats- und Regierungschefs auf gut 864 Milliarden Euro erhöht, ist dabei lediglich das offensichtlichste Indiz für die komplexen Zahlenspiele, denen die Einigung zu Grunde liegt.

Nicht ganz so entspannt waren die Abgeordneten. Zwar werteten sie die Tatsache der Einigung in der Nacht auf Mittwoch als Erfolg. Man sei aber an die "absolute Schmerzgrenze" gegangen, sagte Parlamentsverhandler Reimer Böge. Er hatte zuvor zwölf Milliarden Euro zusätzlich verlangt. "Ich bin mit dem Ergebnis nicht zufrieden", gab er zu. Immerhin handle es sich aber um eine "qualitative und quantitative Verbesserung" des Kompromisses der Mitgliedsstaaten vom Dezember.

Woher das Geld kommt

Von einem "Sieg der Vernunft" sprach SPE-Fraktionschef Martin Schulz. Tatsächlich gibt es vier Milliarden Euro mehr in Bereichen, die sich die Abgeordneten gewünscht haben. 500 Millionen mehr gibt es gegenüber dem Dezemberkompromiss etwa für die Transeuropäischen Verkehrsnetzwerke (TEN), 300 Millionen für die Forschung und 800 Millionen für Bildung - darunter das Studentenaustauschprogramm Erasmus. Um eine Milliarde Euro wird das Budget für die Außenpolitik aufgestockt. Die Mitgliedsstaaten müssen effektiv 3,5 Milliarden Euro mehr über sieben Jahre nach Brüssel überweisen. Das sei die "rote Linie" gewesen, erklärte Schüssel. Deshalb sei die Kommission eingesprungen, um die Einigung zu retten. Durch Verwaltungseinsparungen will sie die restlichen 500 Millionen zur Verfügung stellen, was sich auf die Gesamtsumme des Finanzrahmens nicht auswirkt. Um den bei 864 Milliarden zu halten, wurde die EU-Notfallsreserve für Katastrophenhilfe im Wert von 1,5 Milliarden kurzerhand aus dem Budget ausgegliedert.

So konnte Finanzminister Karl Heinz Grasser auch von einer Aufstockung um nur zwei Milliarden reden, während EVP-Vizepräsident Othmar Karas eine "Mobilisierung" von 7,9 Milliarden Euro vorrechnete. Er rechnet zu den 4 Milliarden Euro noch 2,5 Milliarden dazu, die in einem gemeinsamen Fonds der Mitgliedsstaaten für die Kofinanzierung von Krediten der Europäischen Investitionsbank bereitliegen. Diese sind für Forschung, Verkehrsnetze und Klein-und Mittelbetriebe bestimmt. Und mit dem jährlichen Budgetspielraum von 200 Millionen Euro über sieben Jahre kommt man auf Karas' Zahl. Den wollten die Abgeordneten eigentlich noch erhöht haben, was sich laut Grasser nicht mehr ausgegangen sei. Schon jetzt habe er "nicht alle Mitgliedsstaaten hinter sich gewusst". Die Mehrbelastungen des österreichischen Budgets hielten sich in Grenzen. Gegenüber des Dezemberkompromisses machten sie über die gesamte Finanzperiode 15 bis 18 Millionen Euro aus.

Schüssel vergleicht lieber mit dem derzeit gültigen Finanzrahmen für 2000 bis 2006. 100 Milliarden mehr für sieben Jahre, sagt er. 75 Prozent mehr für die Forschung, TEN-Budget verdoppelt, 50 Prozent plus bei Bildungsförderungen und 250 statt 100 Millionen pro Jahr für die Außenpolitik. Was der Kanzler nicht erwähnt ist, dass das Geld künftig für 25 statt für 15 EU-Länder reichen muss.

Die Botschafter der Mitgliedsstaaten könnten den Rahmenhaushalt bereits heute, Donnerstag, durchwinken, die Abgeordneten sind im Mai an der Reihe.