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Der Kosovo begeht den Jahrestag seiner Unabhängigkeitserklärung - doch wirtschaftliche Nöte und Probleme bei der EU-Annäherung trüben die Freude.
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Gepflegter Rasen, renovierte Fassade, Stille im Klostergarten und drinnen Fresken, die griechische Maler vor fast siebenhundert Jahren dort hinterlassen haben: Das Kloster Gracanica, eine Fünfkuppelkirche, ist ein Prunkstück des serbisch-byzantinischen Stils. Doch von außen betrachtet wirkt der sonst besinnliche Ort wie militärisches Gelände. Über der hohen Mauer, die das Kloster umgibt, zieht sich Stacheldraht. Ein Schild neben dem Tor weist darauf hin, dass das Gebiet eine videoüberwachte Zone ist. Es kann vorkommen, dass auch noch ein Polizist die Wache übernimmt.
Woanders wäre das Städtchen Gracanica, wo die gleichnamige Klosterkirche steht, ein ruhiger Ort mit nicht einmal 30.000 Einwohnern. Doch es liegt im Kosovo, ein Dutzend Kilometer südöstlich der Hauptstadt Pristina. Und seitdem die ehemalige serbische Provinz ihre Unabhängigkeit erklärt hat, machen sich einige Serben Sorgen um ihre orthodoxen Kulturgüter dort. Sie meinen, die jahrhundertealten Gebäude vor den Kosovo-Albanern schützen zu müssen.
Tatsächlich musste sich erst vor kurzem ein kleines Aufgebot an Polizisten und Nato-Soldaten um ein anderes serbisches Kloster gruppieren, weil es zu Protesten von lokalen Albanern gekommen war. Das Motiv dafür war allerdings weder ein religiöses noch ein ethnisches. Es ging mehr oder minder um Geld. Die Menschen protestierten gegen ein Gerichtsurteil, das die Rückgabe von 23 Hektar Land an das Kloster einforderte. Derzeit nutzen zwei staatliche Firmen die Felder.
Den meisten Kosovaren aber bereiten andere Probleme weit größere Sorgen. Die hohe Arbeitslosigkeit oder die Mühen des Kampfes gegen Korruption und organisierte Kriminalität trüben die Feierstimmung, wenn am Sonntag der fünfte Jahrestag der Erklärung der Unabhängigkeit begangen wird. Dass diese fünf EU-Länder noch immer nicht anerkennen, dämpft den Enthusiasmus ebenso wie die Tatsache, dass die Bürger des Kosovo als Einzige auf dem Westbalkan ein Visum für eine Einreise in die Union benötigen.
Das könnte in naher Zukunft auch so bleiben. Ein aktueller Bericht der EU-Kommission über die Fortschritte des Landes auf dem Weg zur Visaliberalisierung mahnt weitere Maßnahmen ein. Es geht dabei sowohl um die Eindämmung des Menschenhandels als auch um die Sicherheit von Dokumenten. Die Möglichkeiten des Kosovo zur Bekämpfung von organisierter Kriminalität und Korruption seien generell noch begrenzt, heißt es in dem Dokument. Das hat "möglicherweise gravierende Auswirkungen auf die innere Sicherheit der EU".
Den Kosovo als "schwarzes Loch" auf dem Balkan zu sehen, findet Ulrike Lunacek wiederum falsch. Menschenhandel etwa sei kein Phänomen eines einzelnen Landes, sagt die Grüne EU-Abgeordnete, die gerade dem zuständigen Parlamentsausschuss ihren dritten Kosovo-Bericht vorgelegt hat. Und wie solle es internationale Kooperation geben, wenn eine volle Teilnahme an Europol oder Interpol wegen der fehlenden Anerkennung nicht möglich sei? So sei es teils die EU selbst, die den positiven Einfluss der EU im Kosovo schwächt.