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Ringen um Regierung geht weiter

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Giuliano Amato wird als Favorit für das Amt des Regierungschefs gehandelt.


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Rom. Nach dem Debakel in den ersten vier Wahlgängen der italienischen Präsidentenwahlen steht die Demokratische Partei (PD), die bei den Parlamentswahlen Ende Februar knapp vor der 5-Sterne-Bewegung (M5S) Beppe Grillos zu stärksten Parlamentspartei geworden ist, vor einem Trümmerhaufen. Dass der ehemalige Senatspräsident und Chef der christdemokratischen Gewerkschafter, Franco Marini, im ersten Wahlgang am Donnerstag und Parteigründer Romano Prodi bei der vierten Abstimmung am Freitagabend an der mangelnden Unterstützung in den eigenen Reihen gescheitert sind, hat an der Parteispitze ein Erdbeben ausgelöst. Parteichef Pier Luigi Bersani und Parteipräsidentin Rosy Bindi sowie der gesamte Parteivorstand traten umgehend zurück. PD-Koalitionspartner Nichi Vendola und seine linksökologische Partei SEL, die bei der Wahl den aus den Reihen der Linken stammenden Juristen Stefano Rodotà unterstützt hatten, kündigte die Koalition auf.

Bei einer heute, Dienstag, stattfindenden Sitzung des PD-Parteivorstands sollen die Weichen für die Zukunft gestellt werden und dabei dürfte es zur großen Abrechnung kommen. Matteo Renzi, Bersani bei den parteiinternen Vorwahlen für das Amt des Premierskandidaten unterlegen, und einer der Hauptschuldigen für das Scheitern Marinis, kündigte im Interview mit "la Repubblica" am Montag an, dass man die PD neu gründen, wichtige Gesetze - darunter eine Wahlrechtsreform - beschließen und dann in einem Jahr zu Neuwahlen schreiten solle. Mehreren Jungabgeordneten der PD - die zurückgetretene Parteipräsidentin Bindi hatte die Auswahl der neuen Abgeordneten kritisiert - werden Abwanderungsgelüste zur SEL nachgesagt.

Pippo Civati (37), der bereits angekündigt hat, beim nächsten Parteitag für den Parteivorsitz kandidieren zu wollen, warnte, dass einige derer, die bei der Präsidentenwahl der Partei in den Rücken gefallen sind, Ministerposten erhalten könnten. Und die neuen Minister hätten dann wegen der misslichen Lage, in der sich das Mitte-Links-Lager befinde eine formidable Ausrede, warum man nicht zu Neuwahlen schreiten könne, so Pivati. Ex-Premier Massimo D‘Alema, der als möglicher neuer Außenminister zu Debatte steht, wies Behauptungen, er habe bei der Niederlage Romano Prodis Regie geführt, empört zurück.

Napolitano startet sofort neue Konsultationsrunde

Der wiedergewählte Staatspräsident Giorgio Napolitano, der am späten Montagnachmittag für seine zweite Amtszeit angelobt wurde, wird bereits heute, Dienstag, die Konsultationen für die Bildung der neuen Regierung aufnehmen und der Auftrag könnte bereits am Mittwoch erteilt werden.

Italienische Medien berichten, dass Napolitano ein politisches Kabinett mit "technischen Einbindungen". das ein paar Jahre lang Bestand hat, bevorzuge. Über Ministerliste, Programm und Prioritäten müssten dann die Parteien entscheiden. Als Favorit für das Amt des Regierungschefs wird Giuliano Amato, gehandelt, der schon zweimal in schwierigen Krisensituationen - 1992/93 und 2000/01 - Premier war.

In seiner mehrfach von langanhaltendem Applaus unterbrochenen Rede - nur die Beppe-Grillo-Anhänger stimmten nicht mit ein, standen aber im Gegensatz zum Wahltag auf - betonte Napolitano, dass er sich angesichts der schwierigen Lage nicht seiner Verantwortung entzogen habe. Er verurteilte aber mit deutlichen Worten Unterlassungen, Fehler und Unverantwortlichkeiten der politischen Kräfte, wobei er besonders auf die Nichtreform des Wahlrechts einging. Wenn er sich neuerlich vor solcher Taubheit wie bisher gegenübersehe, werde er nicht zögern, die Konsequenzen daraus zu ziehen.