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Kaum haben die Außenminister den neuen EU-Vertrag von Nizza unterschrieben - in Kraft tritt er erst nach der Ratifikation aller Parlamente - gibt es Debatten über eine Revision desselben Vertrags.
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Im Rahmen des "Post-Nizza-Prozesses" soll die Kompetenzverteilung in der Europäischen Union neu diskutiert werden. Darauf haben sich die Staats- und Regierungschefs bereits in Nizza verständigt. Unklar ist noch, in welcher Form der Post-Nizza-Prozess stattfinden soll. Es dürfe keine rein zwischenstaatliche Konferenz der 15 EU-Regierungen mehr geben; der Kreis der Teilnehmer müsse erweitert werden, forderte etwa ÖVP-EU-Abg. Reinhard Rack. Die Europa-Parlamentarier haben unmittelbar nach Abschluss der Verhandlungen von Nizza den Vertrag heftig kritisiert und die dem Gipfel vorangegangene so genannte "Regierungskonferenz" als ungeeignetes Verfahren gewertet.
Dass Regierungsbeamte monatelang hinter verschlossenen Türen um Kompromisse feilschten, die dann "im Dunkel der Nacht" von übermüdeten Regierungschefs "zusammen gehauen" würden, sei nicht mehr hinnehmbar. Das sagte etwa der SPD-Abgeordnete und frühere Parlamentspräsident Klaus Hänsch. Als Alternative haben die Europa-Parlamentarier vorgeschlagen, EU-Reformen sollten künftig von einem "Konvent" unter Teilnahme nationaler Experten und Abgeordneter wie bei der Grundrechtscharta vorbereitet werden (die "Wiener Zeitung" berichtete). Zwei weitere Modelle stehen zur Diskussion: EU-Kommissionspräsident Romano Prodi ventilierte etwa einen "Drei-Stufen-Prozess", bei dem die Kommission den Vertragstext entwerfen würde. Schließlich könnte zur Vorbereitung ein "Weisenrat" eingesetzt werden, so dass die "klassische Regierungskonferenz" der Mitgliedstaaten erst am Schluss einberufen würde.
Die Forderung, den Teilnehmerkreis der EU-Reformgespräche beim nächsten Mal zu erweitern, erhält kräftige Schützenhilfe von Deutschlands Bundeskanzler Gerhard Schröder: Die EU-Beitrittskandidaten sollten an den Beratungen über eine weitere Vertiefung der Union beteiligt werden. Schließlich müsse, meinte Bundespräsident Johannes Rau, das Handeln der EU "demokratisch legitimiert" sein. Und dazu brauche die EU auch eine Verfassung. Wie weit diese im Jahr 2004 gediehen sein wird, bleibt abzuwarten.