Ressourcen locken Unternehmen an, doch es gibt große Rechtsunsicherheit.
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Naypyidaw/Wien. Dort, wo vor ein paar Jahren nur Reisfelder, Wald und einige Dörfer waren, steht heute die Hauptstadt von Myanmar (Burma), Naypyidaw. Von der einstigen Militärdiktatur gegründet, wurde sie in den letzten 10 Jahren aus dem Boden gestampft und hat etwas Absurdes, Irreales an sich. In einer Mischung aus Zuckerbäckerstil und traditioneller buddhistischer Architektur wurden in dem bitterarmen Land gigantische Regierungspaläste errichtet. Die einzelnen Ministerien sind kilometerweit voneinander entfernt, zum Präsidentenpalast führt eine 20-spurige Straße - nur kommt hier an gewöhnlichen Tagen vielleicht alle zehn Minuten ein Auto vorbei. Die Stadt spiegelt die Großmannsucht des einstigen Diktators Than Shwe wider - nicht zufällig bedeutet Naypyidaw übersetzt "Stadt der Könige".
Ex-General als Reformer
Früher war dies ein Ort, an dem die isolierte Junta großteils unter sich war und höchstens ein paar Delegationen aus den asiatischen Nachbarländern vorbeikamen. Mittlerweile werden aber die Hotelbetten von führenden Wirtschaftstreibenden aus aller Welt belegt. Heute, Mittwoch, beginnt in Naypyidaw das Regionaltreffen des Weltwirtschaftsforums.
Denn Myanmar hat sich gewandelt: Der brutale Diktator Than Shwe hat sich zurückgezogen, Präsident ist nun Thein Sein. Der Ex-General hat sich als Reformer entpuppt. Erst gestern, Dienstag, hat er die Freilassung der letzten politischen Gefangenen verkündet. Schon länger sitzen ehemals verfolgte Oppositionelle, angeführt von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, im Parlament. Die EU hat bereits ihre Sanktionen gegen Myanmar bis auf das Waffenembargo aufgehoben, die USA haben ihre Strafmaßnahmen gelockert.
Der einstige Paria Myanmar ist damit wieder im internationalen Handel angekommen. Nun soll beim Weltwirtschaftsforum erörtert werden, wie Myanmars Ökonomie nachhaltig wachsen, wie sich das Land am besten in den ohnehin den boomenden südostasiatischen Wirtschaftsraum integrieren kann.
Neben Analysten haben sich hochrangige Manager angesagt: Etwa Anthony F. Fernandes, der Direktor von AirAsia, oder Indra Nooyi, Vorsitzende von PepsiCo. Doch ganz selbstlos ist der Besuch vieler Geschäftsführer wohl nicht. Einige von ihnen werden das Forum auch nutzen, um mit hochrangigen Regierungsvertretern zusammenzukommen und das Umfeld für Investitionen auszuloten.
Auch wenn einige Unternehmen aus dem Westen bereits in Myanmar aktiv sind, etwa der US-Riese General Electric im Turbinengeschäft, zögern viele Firmen aus Europa und den USA noch und wollen den Markt genauer sondieren. Einerseits ist Myanmar attraktiv: Es besitzt jede Menge Ressourcen - Öl, Gas, Jade oder Hölzer - und die Arbeitskräfte sind billig. Andererseits ist es noch mit vielen Risiken verbunden, sich in Myanmar niederzulassen.
Asiaten dick im Geschäft
So ist etwa die rechtliche Lage nach der Militärdiktatur noch immer unsicher. "Die Regierung erlässt derzeit eine Flut von Gesetzen, um ein sichereres Umfeld für Investoren zu schaffen", berichtet Theodor Strohal, der mit seiner Anwaltskanzlei Investoren in Myanmar berät, der "Wiener Zeitung". Einige Beamte würden die neuen Vorschriften allerdings nicht umsetzen. "Aber das hat sich gebessert" sagt Strohal.
Zudem schrecken Investoren laut westlichen Wirtschaftsvertretern hohe Immobilienpreise oder das schwach ausgeprägte Bankenwesen ab, das nach der Militärdiktatur ebenfalls erst aufgebaut werden muss.
Während sich also einige europäische und US-Firmen wegen dieser Umstände noch zurückhalten, drängen die Asiaten viel stärker auf den Markt. Sie werden dabei von ihren Regierungen unterstützt. So hat Japans Premier Shinzo Abe Südostasien als wichtige strategische Region für die Wirtschaft seines Landes ausgemacht, wo die Firmen billig produzieren und neue Absatzmärkte erschließen können. Japan hat Milliarden Dollar zur Entschuldung Myanmars beigetragen und baut nun in der Metropole Rangun einen Hafen mit auf. Deshalb werden japanische Firmen bei offiziellen Ausschreibungen mit Wohlwollen betrachtet, berichten Geschäftsleute. Konzerne aus Nippon strömen bereits ins Land.
Auch Thailand und China investieren groß in Myanmar. Sie sind vor allem an den Ressourcen des Nachbarlandes und an günstigen Transportwegen interessiert.
Thailand baut einen Tiefseehafen samt Industriezone in Dawei, das im Süden von Myanmar liegt, mit auf. Dieser soll über eine Autobahn mit der etwa 300 Kilometer entfernten thailändischen Hauptstadt Bangkok verbunden werden. Das energiehungrige China, das schon während der Militärdiktatur sehr präsent war, fördert die Errichtung von Gas- und Ölpipelines, die vom Hafen Kyaukphyu direkt in die Volksrepublik führen.
Myanmars Regierung erhofft sich von diesen Projekten und den ins Land kommenden Firmen nach Jahren des Niedergangs einen wirtschaftlichen Aufschwung. Dafür braucht es aber politische Stabilität, um Investoren nicht abzuschrecken.
Religiöse Unruhen
Zuletzt gab es jedoch religiöse Unruhen mit dutzenden Todesopfern, Häuser und Geschäfte von Moslems wurden in einigen Städten von buddhistischen Mobs niedergebrannt. Gerüchte in Myanmar besagen, dass diese Ausschreitungen von Kräften des alten Regimes geschürt werden, die die Öffnung des Landes sabotieren wollen.
Ein weiterer Brennpunkt ist die Lage der Minderheiten: Diese wurden jahrzehntelang unterdrückt und initiierten ihrerseits bewaffnete Aufstände. Nun wurde mit vielen Rebellengruppen bereits ein Waffenstillstand vereinbart. An einem Frieden sind auch Myanmars Nachbarn interessiert. So führen etwa geplante Autobahnen nach China durch das Gebiet der Shan und der Karen.