Österreich drohen bei der "absurden" Kyoto-Klimaprotokoll-Thematik ernste, bisher unterschätzte Gefahren für die Zukunft des Industriestandorts, meint RHI-Generaldirektor Helmut Draxler - und will trotzdem den zuletzt zum Börsenstar gewordenen Weltmarktführer bei Feuerfest-Produkten schneller als zum geplanten Termin 2007 endgültig saniert haben.
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Sorgen machte sich Draxler - früher auch ÖBB-Chef - im Wiener "Klub der Wirtschaftspublizisten" am Donnerstag weniger um die Zukunft des eigenen Unternehmens - im Vorjahr hat RHI auch nach Umsatz gerechnet die Nummer-1-Position in der Welt erklommen, nach Rendite lag man mit über 11% schon vorher an der Spitze - sondern um den Industriestandort Österreich. Zwar sei die KöSt-Senkung ein "wichtiger, mutiger und hilfreicher Schritt", bei den Lohnnebenkosten, dem Spitzensteuersatz - "der macht vor allem unseren in Leoben zusammengefassten Forschern Sorgen" - und vor allem auch bei den Umweltauflagen aus dem Kyoto-Protokoll bestehe aber dringend Handlungsbedarf. Österreich sei in der "geradezu wahnsinnigen" Situation, als eines der umweltfreundlichsten Länder mit den geringsten CO2-Emission pro Kopf und auch nach Wirtschaftsleistung die größten Reduktionen vornehmen zu müssen. "CO2 ist ein globales, kein lokales Umweltproblem. Die USA machen nicht mit, China macht nicht mit, für Deutschland, Frankreich oder Großbritannien ist das Ganze auf Grund anderer Strukturen kein wirkliches Problem - nur wir als Musterschüler rennen in einen gravierenden Wettbewerbsnachteil hinein", meint er. "Und wenn es sich plötzlich betriebswirtschaftlich rechnet, simplen Zement nicht mehr im eigenen Land herzustellen, sondern über 1.000 oder mehr Kilometer etwa aus der Ukraine heranzukarren, dann stimmt auch für die Umwelt nichts mehr". Er hofft auf eine Lösung durch Umweltminister Josef Pröll - "der hat die Problematik verstanden". "Wir haben jedenfalls nicht die Absicht, auch nur ein einziges Emissionzertifikat - zum derzeit erwarteten Preis zwischen 10 und 20 Euro pro Tonne - für Produktionsausweitungen zu kaufen". Man müsse dann allenfalls mit Erweiterungsinvestitionen in Länder außerhalb des Kyoto-Protokolls ausweichen - das wären ohnehin 70% der Welt, wenn Russland ebenfalls nicht unterzeichnet.
In Österreich, wo RHI rund die Hälfte seiner Weltproduktion von 1,4 Mill. Tonnen Feuerfestmaterial herstellt, beschäftigt der Konzern über 2.000seiner insgesamt rund 7.700 Mitarbeiter. Geplante Erweiterungsinvestitionen im Bergbau Breitenau und den Werken Veitsch und Trieben "hängen jetzt von der Entwicklung der Rahmenbedingungen ab". Denn problematisch seien hier zu Lande weiterhin auch die hohen Lohnnebenkosten. In einem weltweiten Vergleich der Facharbeiter im eigenen Haus errechnete man für Österreich den Spitzenwert von 28% der Vollkosten - deutlich mehr als in Deutschland, USA oder Kanada, wo die größten Wettbewerber von RHI sitzen.
Draxler rechnet damit, dass RHI den mit den Gläubigerbanken 2002 ausgehandelten Sanierungsplan bereits vor dem dafür festgelegten Jahr 2007 erfüllt haben wird. Mit dem bisherigen Schuldenabbau sei man weiter als geplant. Zum Bilanzstichtag 2003 machten die Bankverbindlichkeiten 295 Mill. Euro aus. Zwei Jahre zuvor, in der nach dem US-Asbestdebakel desaströsen Bilanz 2001, hatte RHI Bankverpflichtungen in Höhe von 1,07 Mrd. Euro ausgewiesen.
Ende März werden man ein "gutes" Ergebnis für 2003 bekannt geben können, obwohl der Konzern die Euroaufwertung gegenüber dem Dollar deutlich spürt. Durch "internes hedging" - Steigerung der Produktion und des Rohstoffeinkaufs im Dollarraum, zu dem man auch China zählt - und die eigene Rohstoffbasis in Österreich, Italien und der Türkei sei man relativ "feuerfest". Für 2004 ist Draxler wegen Konjunktur, Auftragseingang und dem Boom in China - dort gewinnen wir zwei von drei Ausschreibeungen, 2005 läuft eine zweite Produktionsanlage in Dalian an" - ebenfalls optimistisch. Die RHI-Aktie war schon im Vorjahr mit einem Plus von über 100% unter den Bestperformern der Wiener Börse, hat seit Jahresbeginn weiter zugelegt und ist auf dem besten Weg zurück auf das Niveau vor dem US-Desaster.