Erhöhung der ORF-Gebühr missfällt EU-Kommission. | Brüssel prüft Finanzierungssystem. | Die EU-Kommission kann bei der Gebührenfinanzierung des ORF einiges nicht nachvollziehen. Klar erscheint ihr nur, dass es sich bei der gegenwärtig praktizierten Form um eine staatliche Beihilfe handelt, die nicht mit EU-Recht vereinbar ist. Deshalb hat Brüssel Ende Jänner ein Vorverfahren gegen Österreich eingeleitet, bis Anfang Mai haben die heimischen Experten Zeit für Erklärungs- und Reparaturmaßnahmen.
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Dass der ORF nur zwei Tage nach Eintreffen des Warnbriefs aus Brüssel die Erhöhung der Rundfunkgebühren ab Juni um fast zehn Prozent beschlossen hat, sorgt in der Kommission im freundlichsten Fall für Kopfschütteln. Zwar will unter Verweis auf das laufende Verfahren niemand offiziell Stellung beziehen. Hinter vorgehaltener Hand ist das Verständnis jedoch begrenzt. Es wird die Frage aufgeworfen, ob sich Österreich der Brisanz der Lage bewusst sei. Schließlich handle es sich bei der Gebührenerhöhung um eine politische Entscheidung.
Und seitens der mächtigen EU-Wettbewerbsbehörde wurden ganz klare Hausaufgaben vorgegeben:
Der öffentlich-rechtliche Auftrag müsse präziser definiert werden. Vor allem beim Onlineauftritt und dem Spartenkanal Sport+ auf der Frequenz des weitgehend kommerziellen TW1 tut sich Brüssel schwer, den öffentlichen Auftrag auszumachen.
Die Verwendung der Gebühren müsse besser kontrolliert werden, um sicherzustellen, dass nur die Nettokosten des öffentlichen Auftrags abgedeckt werden. Quersubventionierung der kommerziellen Tätigkeiten ist inakzeptabel.
Darüber hinaus müsse der Jahresüberschuss mit zehn Prozent der Gebühreneinnahmen von zuletzt rund 470 Millionen Euro gedeckelt werden - 2007 war es fast doppelt so viel. Würden diese nicht reinvestiert, müssten sie dem ORF entzogen werden. Soweit der Standpunkt Brüssels.
ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz wollte zwar auch positive Aussagen darin gefunden haben. Dennoch überraschte seine Erkenntnis, dass die derzeitige Finanzierung des ORF an sich in Ordnung sei. Daher auch die mutige Schlussfolgerung: Da die Gebührenerhöhung keine neue Beihilfe darstelle und die gegenwärtige eine zulässige sei, habe sie nichts mit dem EU-Verfahren zu tun.
Das ist recht originell, da nicht nur nach Brüsseler Lesart oft die Höhe einer Subvention über ihre Verhältnismäßigkeit und daher Zulässigkeit entscheidet. Dem ORF solle offenbar ermöglicht werden, noch so viel Gebühren wie möglich einzunehmen, bevor die derzeitige Regelung zu fallen habe, wird in Kommissionskreisen vermutet. Nicht außer Acht zu lassen ist auch, dass dem Sender inklusive Gebührenerhöhung heuer ein Minus von rund 30 Millionen Euro droht. Und dass die Kosten jenen eines effizient geführten Unternehmen entsprechen, bezweifelt Brüssel.
Zwar gibt man sich in Wien beruhigt, weil die meisten EU-Strafverfahren gegen öffentliche Rundfunkanstalten wie ARD und ZDF in den letzten Jahren gütlich geregelt wurden. Doch wird Österreich mit Blick auf die Gebührenerhöhung inoffiziell ganz klar gewarnt: Würden die Vorgaben aus Brüssel nicht genügend ernst genommen und umgesetzt, werde die Kommission nicht zögern, hart durchzugreifen. Das würde für den ORF die Rückzahlung von Gebühreneinnahmen in mehrstelliger Millionenhöhe bedeuten.