Heftige Kämpfe zwischen der türkischen Armee und der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), das Ringen um eine neue Verfassung, Forderungen aus Brüssel im Zuge der EU-Annäherung der Türkei: Die Regierung in Ankara hätte viel im eigenen Land zu tun. Doch nun verschärft sie ausgerechnet in der Außenpolitik die Gangart. Sie droht mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit Israel.
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Doch entspringen die harschen Töne sehr wohl auch der innenpolitischen Situation. Spätestens im kommenden Jahr wird ein neues türkisches Parlament gewählt, und die Regierung von Premier Recep Tayyip Erdogan will ihre absolute Mehrheit im Abgeordnetenhaus behalten. Dabei kann sie mit von der EU verlangten Reformen bei etlichen Türken nicht mehr punkten, die sich von den Europäern schlicht zurückgewiesen fühlen. Bei den Verfassungsänderungen oder der geplanten Stärkung von Minderheitenrechten macht es ihr die Opposition schwer. Doch die heftige Kritik an Israel kommt bei vielen Wählern gut an.
Das war schon vor eineinhalb Jahren der Fall, als die Türkei Israel bei dessen Gaza-Offensive Mord an hunderten - muslimischen - Palästinensern vorwarf. Und dass Premier Erdogan nach dem Tod von neun türkischen Aktivisten bei einer Kommando-Aktion Israels aufs schärfste protestierte, brachte ihm ebenfalls Sympathien in der Türkei ein.
Doch ist es für Ankara ein riskantes Unterfangen. Zum einen gefährdet es seine Glaubwürdigkeit in der Rolle des Vermittlers im Nahen Osten, die es gegenüber dem Westen gern betont. Zum anderen orten Kurdenpolitiker Heuchelei: Während die türkische Regierung Israel Staatsterrorismus ankreidet, sind die Gefechte mit der PKK im eigenen Land für Ankara Kampf gegen Terrorismus. Dieses Doppel-Spiel kann auch Stimmen kosten.