Nach dem Nein der Grünen-Basis könnten auch die notwendigen Stimmen im Gemeinderat für das Heumarkt-Projekt fehlen.
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Wien. Zuerst die grüne Basis, jetzt die grünen Gemeinderäte: Es herrscht Uneinigkeit innerhalb der Partei. War die Umgestaltung des Heumarkt-Areals ursprünglich ein grünes Vorzeigeprojekt, so spaltet das Vorhaben jetzt die Partei. Es geht um den geplanten Turm des Areals. Schon seit längerem spricht sich Parteichefin Maria Vassilakou dafür aus. Die Stimmen dagegen wurden innerhalb der Partei aber immer lauter. Schlussendlich verschaffte eine Urabstimmung unter allen Wiener Grünen-Mitgliedern am Freitag den Gegnern Aufwind: 348 stimmten dagegen, 330 stimmten dafür. Es war die erste Urabstimmung, die je durchgeführt wurde.
Um aus dieser Zwickmühle zu kommen, überlässt es Vassilakou nun den zehn grünen Gemeinderäten, im Juni "frei" und endgültig über das Hochhaus-Projekt abzustimmen.
Das Problem ist damit aber nicht gelöst. Denn nicht alle Grünen-Gemeinderäte werden dafür stimmen. Die einen äußern sich in den Sozialen Netzwerken und legen offiziell und unverwunden ihr Stimmverhalten offen. Andere halten sich zurück oder sagen, dass sie das Ergebnis der Urabstimmung akzeptieren wollen und dagegen stimmen werden.
Zu den Befürwortern der Neugestaltung gehört der grüne Gemeinderat Peter Kraus. Er habe "gründlich nachgedacht", wie er in einem offenen Brief mitteilt. "Was bedeutet diese Abstimmung für mich als Mandatar? Wem fühle ich mich in meinem Abstimmungsverhalten verpflichtet?", fragt er sich, "den Grünen im 3. Bezirk, die jahrelang an dem Projekt mitgearbeitet haben? Den 1,8 Millionen Wienern, die Erwartungen an eine proaktive Stadtentwicklung haben?"
Die Diskussion polarisiere, führt der Gemeinderat weiter aus. Eine Urabstimmung sei für ihn aber kein geeignetes Instrument, um diese Polarisierung aufzulösen. Im Gegenteil: "Sie wurde lediglich sichtbar gemacht und bis auf weiteres einzementiert." "All das auf die Waagschale gelegt, gibt es für mich nur eine Antwort: Ich werde dem Flächenwidmungsplan zur Neugestaltung des Heumarkts im Gemeinderat zustimmen", sagt Kraus. Der Heumarkt werde durch dieses Projekt besser, als er jetzt ist.
"Die Partei hat nicht immer recht"
Ähnlich sieht dies auch die Grünen-Gemeinderätin Birgit Hebein. "#Heumarkt. Schwierige Entscheidung. Verantwortung", leitet sie ihre Stellungnahme ein. Soll sie einen Parteibeschluss, das Ergebnis der Urabstimmung, als bindend erachten oder das freie Mandat wahrnehmen? Hebein hält beide Varianten für demokratisch legitim. Sie entscheidet sich jedoch wie Kraus, dafür zu stimmen. "Es geht nicht nur um den Heumarkt", sagt sie, "unter anderem verhandeln Rot und Grün gerade die Mindestsicherung. (. . .) und was ich in diesem Verhandlungsprozess gerade überhaupt nicht brauchen kann, ist der Vorwurf meines Gegenübers, die Grünen hätten keine Linie, seien wortbrüchig und unzuverlässig", sagt sie. Die Partei habe zwar gesprochen, aber in diesem Fall, sagt Hebein: "Die Partei hat nicht immer recht."
Neben Kraus und Hebein werden Grünen-Gemeinderat Christoph Chorherr und Klubobmann David Ellensohn dafür stimmen. Chorherr hat das Heumarkt-Projekt persönlich mitgetragen und Ellensohn hat bereits ausrichten lassen, dass er dafür sorgen werde, dass es eine Mehrheit für das Heumarkt-Projekt im Juni geben wird. Die Grünen-Gemeinderäte Jennifer Kickert, Rüdiger Maresch und Birgit Meinhard-Schiebel waren zwar nicht erreichbar. Sie werden laut Insidern eher den Befürwortern zugerechnet.
Martin Margulies will hingegen dagegen stimmen. "Ich werde, so wie ich das klubintern mitgeteilt habe, das Ergebnis der Urabstimmung akzeptieren. Ich halte es für sinnvoll und wichtig, dass demokratiepolitische Spielregeln - seien es öffentliche oder eben auch parteiinterne auch eingehalten werden", sagt Margulies zur "Wiener Zeitung". Nicht erreichbar, aber als Gegner des Projektes kolportiert, waren Faika El-Nagashi und Barbara Huemer.
Damit würden sieben Grüne dafür und drei Grüne gegen das Projekt stimmen. Wenn das der Fall ist, würde es mit den roten Stimmen für eine Mehrheit reichen und damit die Flächenwidmung durchgesetzt werden können. Allerdings müssten dafür, auch alle roten Gemeinderäte mitziehen.
Es liegt an den SPÖ-Gemeinderäten
Ein kurzes Zahlenspiel dazu: Die rot-grüne Regierung belegt von insgesamt 100 Sitzen im Gemeinderat 54. Um eine Mehrheit zu bekommen, sind 51 Sitze notwendig. Diese Zahl wird genau erreicht, wenn alle 44 SPÖ-Gemeinderäte und die 7 bereits erwähnten Grünen-Gemeinderäte für den Heumarkt stimmen. Alle Oppositionsparteien haben bereits bestätigt, dass sie geschlossen dagegen stimmen werden. Von ihnen ist also keine Hilfe zu erwarten.
Sollte die Mehrheit doch nicht erreicht werden, wäre das Fiasko für Vassilakou perfekt. Und die rot-grüne Koalition hätte einen schweren Dämpfer erhalten.
Nun gibt es in der SPÖ ohnehin viele Gegner einer rot-grünen Koalition. Sie würden lieber mit der ÖVP, manche, hinter vorgehaltener Hand, auch lieber mit der FPÖ koalieren. Gegenstimmen sind von der SPÖ zwar nicht zu erwarten, da die Parteilinie ein klares Ja für den Heumarkt-Turm vorgibt. Jedoch könnten rote Gemeinderäte, die der rot-grünen Koalition negativ gegenüberstehen, plötzlich erkranken. Fallen nur zwei rote Gemeinderäte aus, könnte die Mehrheit nicht mehr erreicht werden.