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Experten gehen davon aus, dass die berühmte Totenmaske des Tutanchamun wieder instandgesetzt werden kann. | Für andere Kulturschätze gilt das nicht, fürchtet Ägyptens oberster Hüter für Kulturerbe, Mamdouh Eldamaty.
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"Wiener Zeitung": Im Ägyptischen Museum in Kairo wurde die goldene Totenmaske des Tutanchamun beschädigt, der Bart des Pharaos brach ab. Laut Expertengutachten ist der Schaden reparabel. Welche Maßnahmen werden nun gesetzt?Mamdouh Eldamaty: Vorweg: Die Maske ist nicht beschädigt. Sondern der Kleber des - von den alten Ägyptern separat angefertigten - Bartes (der bei einer Restaurierung 1941 an der Maske fixiert wurde, Anm.) hat sich gelöst. Weiters hat die Maske anders als die Medien berichteten, nicht mehrere, sondern nur einen Kratzer, von dem wir aber noch nicht wissen, wann und wie er entstanden ist.
Der britische Fernsehsender BBC zeigte Bilder, auf denen der Bart mit einem dicken Streifen von dem unter Restauratoren umstrittenen, praktisch unverwüstlichen Epoxidharz wieder angeklebt wurde.
Laut unserem Experten für Metallrestaurierung, dem deutschen Restaurator Christian Eckmann, haben die Medien die Größe des Schadens übertrieben. Epoxidharz kann ihm zufolge sehr behutsam vollständig entfernt werden. Danach werden wir den Bart mit einem anderen Kleber wieder an der Maske fixieren.
Der Schaden passierte im Vorjahr. Warum haben Sie ihn zunächst dementiert? Hätte es nicht ein besseres Bild abgegeben, die Maske sofort fachmännisch zu reparieren?
Der Schaden passierte am 12. August 2014, wenige Wochen nach meinem Amtsantritt und die Maske wurde - nach Meinung der Restauratoren - sofort fachmännisch restauriert. Sie waren der Ansicht, dass Epoxidharz sich eignet - über diese Frage streitet die Fachwelt. Hinzu kommt, dass der Restaurator offenbar kein großer Künstler war, mehr Kleber als nötig verwendete und die Bruchstelle nicht schön geklebt hat. Das war ein Fehler. Wir haben den Leiter der Restaurationsabteilung nun versetzt und eine Kommission untersucht den Fall im Detail.
Wie stehe es um andere ägyptische Kulturschätze? Im Zuge der Unruhen in Ägypten der letzten Jahre gab es Raubgrabungen und der Internationale Museumsrat (ICOM) erstellte eine Rote Liste, um einen Ausverkauf gestohlener Objekte zu verhindern. Wie viele Gegenstände sind zurückgekommen?
Dank der Roten Liste des ICOM, der Unesco und unserer eigenen Fahndungsbehörden werden illegal entwendete Kulturschätze bei Versteigerungen erkannt. So haben wir Hunderte von antiken Objekten wiederbekommen, vor allem aus Spanien, den USA und Frankreich. Auch etwa 900 der 1040 beim Einbruch in das Museum von Malawi (2013) gestohlenen Stücke sind zurückgekehrt.
Die Generaldirektorin der UNO-Organisation für Kultur, Irina Bokowa, sprach von "nicht wieder gut zu machenden Schäden für die Geschichte und die Identität des ägyptischen Volkes" durch Gewalt und Unruhen. Kann man sagen: Bürgerkriege gefährden das Jahrtausende alte Kulturgut Ägyptens?
Das kann man sicher sagen, zumindest war das bei uns der Fall. Das Problem ist nämlich, dass wir nur nachverfolgen können, was als ägyptisches Kulturgut registriert ist, also Objekte aus Museen und kulturellen Stätten im Register. Illegale Ausgrabungen finden aber vor allem an Orten statt, die noch nicht erforscht und daher nicht festgehalten sind.
In Ägypten herrscht ein labiler Frieden. Es gibt immer wieder Unruhen auf dem Sinai - erst am Donnerstag attackierte die Terrorgruppe IS, die sich mit Raubkunst finanziert, ägyptische Sicherheitskräfte auf der Halbinsel. Sind Kulturschätze immer noch in Gefahr?
Während der Unruhen waren die Aufsichtskräfte wenig schlagkräftig. Hier konnten wir im letzten Jahr große Verbesserungen erzielen.Wir haben die Polizeiabteilung zum Schutz von Tourismus und Altertümern verstärkt und die Zahl der Dienststellen erhöht. An entlegenen Orten finden weiterhin Raubgrabungen statt, es gelingt uns jedoch zunehmend besser, die Plünderer aufzuspüren. Als Nächstes wollen wir Kameras an allen wichtigen Grabungsstätten und Kulturdenkmälern installieren - hierzu fehlt allerdings noch die Finanzierung.
Was würden Sie sich von der internationalen Gemeinschaft wünschen?
Dass sie uns hilft, unsere gestohlenen Schätze zurückzubekommen, indem sie uns sofort Bescheid gibt, wenn ihnen etwas Derartiges angeboten wird.
Was sind die größten Probleme?
Wir haben Finanzierungsprobleme. Vor der Revolution haben wir viele Grabungs- und Restaurierungsprojekte begonnen, aber Gewalt und Unruhen haben uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Da sich der Erhalt
von Kulturschätzen über Tourismus finanziert, mussten viele Vorhaben gestoppt werden, darunter auch der unter Ex-Präsi-dent Mubarak begonnene Neu-bau des Ägyptischen Museums in Kairo.
Wie viel Geld benötigen Sie?
Fast 500 Millionen Euro würde ich alleine benötigen, um Schulden zu begleichen, Restaurierungsprojekte fertigzustellen und Projekt-Mitarbeiter zu bezahlen. Instandhaltungsarbeiten müssten etwa bei den Pyramiden in Gizeh oder an der Nekropole in Sakkara oder Dahschur gemacht werden, was wir derzeit nicht können. Auf der positiven Seite haben wir einen gestützten Kredit von Spanien erhalten für Überwachungskameras in Luxor und Theben und es unterstützen uns Italien, Deutschland, Frankreich und die USA bei der Restaurierung beschädigter Gegenstände.
Was wäre, wenn ausländische Museen im Besitz ägyptischer Kulturschätze Ihnen einen Prozentsatz des Ticketpreises zweckgebunden überweisen würden?
Die Idee ist gut, aber die Umsetzung nicht geklärt. Solche Vorschläge muss man auf ihre Praxistauglichkeit prüfen, zuallererst aber müssen wir die Probleme hier lösen.
Zur Person
Mamdouh
Eldamaty
geboren 1961 in Kairo, ist seit Juni 2014 Ägyptens Antikenminister. Er studierte Archäologie in Kairo und Trier. Der Professor für Ägyptologie an der Ain Shams Universität war Direktor des Ägyptischen Nationalmuseums.