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Risse in Thailands Militär?

Von Klaus Huhold

Politik

Wirtschaftlicher Schaden durch Demonstrationen. | Nun drohen auch Regierungsanhänger mit Protesten. | Bangkok/Wien. In Thailand stehen sich Armee und Oppositionsanhänger erneut Aug in Aug gegenüber: Das Militär umstellte am Montag in der Hauptstadt Bangkok ein Banken- und Büroviertel, nachdem die wegen der Farbe ihrer Kleidung so genannten Rothemden eine Besetzung des Stadtteils angedroht hatten.


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Mit Maschinengewehren bewaffnete Soldaten bezogen hinter Stacheldraht Stellung, ihnen gegenüber standen hunderte Rothemden: Diese protestieren seit Wochen und wollen von Premier Abhisit Vejjajiva Neuwahlen erzwingen.

Schon jetzt haben die Proteste der Rothemden der Wirtschaft Thailands großen Schaden zugefügt: Der Tourismus erleidet Einbrüche, Investoren sind wegen der politischen Instabilität äußerst zurückhaltend. Eine Besetzung des Bankenviertels durch die Rothemden würde die wirtschaftliche Talfahrt noch einmal beschleunigen.

Die Armee kündigte an, dass sie ihr Vorgehen schrittweise von sanft auf massiv steigern werde. Allerdings ist fraglich, wie weit sich die Regierung noch auf die Armee verlassen kann und ob das Militär überhaupt noch eine Einheit darstellt. Denn innerhalb der Armee sollen laut Beobachtern verschiedene Fronten verlaufen. Einerseits soll eine Gruppe hochrangiger Militärs ein hartes Vorgehen gegen die Demonstranten befürworten. Andererseits ist in Thailand von Soldaten die Rede, die zwar außen eine grüne Uniform tragen, aber innerlich mit den Rothemden sympathisieren. Sie werden "Wassermelonen" genannt.

Spitzel in der Armee

Ein Anführer der Rothemden, Nattawut Saikua, verkündete gar unumwunden in der Öffentlichkeit, dass "Wassermelonen" die Oppositionellen über Militäraktionen informieren würden.

Für Unsicherheit sorgen auch Berichte über die Hintergründe der gewaltsamen Zusammenstöße zwischen Armee und Demonstranten, bei denen am Samstag vor einer Woche 25 Menschen starben. Laut Augenzeugen tötete dabei eine Gruppe von in Schwarz gekleideten Männern gezielt einen Offizier, der den Militäreinsatz damals leitete. Nun brodelt die Gerüchteküche, wer die Täter sein könnten: Von den Rothemden engagierte Killer? Oder gar Soldaten aus dem Militärapparat selbst?

Die Konfrontation auf den Straßen Bangkoks könnte sich zudem bald nicht mehr nur auf Rothemden und Militär beschränken. Ein weiterer Akteur droht einzugreifen: Die regierungsnahen Gelbhemden kündigten Demonstrationen an, wenn es Premier Abhisit nicht gelingt, die Proteste der Rothemden zu beenden. Sollte es so weit kommen, dass Gelb- und Rothemden gleichzeitig durch Bangkok marschieren, ist die Gefahr neuerlicher Gewalt extrem hoch.

Denn die beiden außerparlamentarischen Bewegungen sind sich spinnefeind. Die Rothemden rekrutieren sich aus der ärmlichen Landbevölkerung und den städtischen Tagelöhnern, die Gelbhemden aus der Mittel- und Oberschicht. Die Rothemden sind Anhänger des 2006 vom Militär gestürzten und im Exil lebenden Ex-Premier Thaksin Shinawatra - das größte Feindbild der Gelbhemden. Als Thaksin-Anhänger 2008 die Regierung stellten, besetzten die Gelbhemden die Bangkoker Flughäfen, was zum Sturz der Regierung maßgeblich beitrug. Seitdem ist der von den Gelbhemden unterstützte Abhisit Premier, den wiederum die Rothemden als Vertreter der Eliten bezeichnen und ablehnen.