Die Sozialpartnerschaft braucht besondere Bedingungen. Ob die Zukunft diese bereithält, ist fraglich.
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Die Riege der eingefleischten Sozialpartner wird kleiner. Dazu muss man sich nur die erste und zweite Reihe bei SPÖ und ÖVP ansehen, wo immer mehr das Modell für lebenden Anachronismus halten. Sogar unter den Sozialpartnern werden die Zweifler mehr. Aggressive Werbekampagnen der einen auf Kosten der anderen Seite sind ein Hinweis.
Womöglich steckt dahinter eine Generationenfrage. Und vielleicht erinnern deshalb Oldies wie Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl und ÖGB-Chef Erich Foglar an müde Ritter, die gegen Windmühlen und den Lauf der Zeit ankämpfen.
Dass die Sozialpartnerschaft in der Vergangenheit überhaupt zu einem Erfolgsmodell werden konnte, war den besonderen Bedingungen der Nachkriegszeit geschuldet. Denn erste Ansätze hatte es schon in der Ersten Republik gegeben, doch die parteipolitischen Fliehkräfte erwiesen sich als stärker. Nach 1945 waren dann nicht nur alle Beteiligten klüger, neben der Not zwangen auch die Besatzungsmächte die Parteien zur Zusammenarbeit.
So entwickelte sich Schritt für Schritt eine Form der Zusammenarbeit der Interessensverbände, wo ein kleiner Zirkel von mit den Parteien eng verwobener Funktionäre hinter verschlossenen Türen von oben herab Kompromisse schließen konnte, die dann vom Parlament nur noch abgesegnet wurden. Dafür bedurfte es jedoch ganz besonderer Voraussetzung: Ein hohes Maß an gegenseitigem Vertrauen, dass Zugeständnisse der einen Seite mit Entgegenkommen der anderen Seite honoriert wurden; funktionierende Hierarchien, die dafür sorgten, dass die Kompromisse von ganz oben bis nach ganz unten auch halten; und schließlich müssen die handelnden Akteure auch selbst wiederum auf allgemeine Akzeptanz stoßen; nur so wird ihnen auch das Recht zugestanden, solche weitreichenden und verbindlichen Entscheidungen ohne Basis zu treffen.
Die entscheidende Frage für die Sozialpartner lautet nun: Gelten diese Bedingungen auch noch für die Zukunft?
Beim Vertrauen, vielleicht der wichtigste Faktor, scheint es bereits jetzt schon zu hapern. Eine Lösung für die Arbeitszeiten scheiterte gerade, wohl nicht zuletzt, weil die unsichere politische Lage vor den Wahlen einen Ausgleich erschwerte. Und würden die Sozialpartner auch im Angesicht einer schwarz-blauen, einer rot-blauen oder rot-grün-pink-pilzen Regierung zusammenstehen?
Zumal die Akzeptanz der Verbände erodiert. Die Pflichtmitgliedschaft musste als Sicherheitsmaßnahme in die Verfassung geschrieben werden, in allen Lagern gibt es mehr oder weniger offene Zweifel an diesem System. Das untergräbt die Autorität und erhöht den Druck auf die Sozialpartner.
Und dann gibt es da noch die Forderungen nach Öffnung und Transparenz, der sich schon heute und noch mehr in Zukunft alle gesellschaftlichen und politischen Institutionen stellen müssen.
Vertrauen, Bindekraft und Autorität sind wahrscheinlich eher nicht die Schlüsselbegriffe, die unsere politische Zukunft prägen werden. Wenn schon, dann eher ihre Abwesenheit. Schon das macht der Soziapartnerschaft das Überleben schwer, von der Globalisierung und Europäisierung gar nicht zu reden.