Obwohl die jungen Vereinigten Staaten von Amerika schon 1777 Interesse am Handel mit den habsburgischen Ländern signalisiert hatten, dauerte es bis 1817, als auf Druck der Triester Behörden hin | die Errichtung eines österreichischen Generalkonsulats in New York beschlossen wurde. Der zum Generalkonsul ernannte Bartholomäus Freiherr von Stürmer, dem als österreichischer Kommissär auf St. | Helena die diskrete Überwachung Napoleons oblag, wollte nicht nach New York . . .
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Der erste "k. k. Generalkonsul für Nord-Amerika" in New York war der 1819 ernannte Alois Freiherr von Lederer (1773 bis 1842). Er traf im Herbst 1820 in New York ein und begab sich gleich nach
Washington, wo er von Präsident James Monroe und Außenminister John Quincy Adams empfangen wurde. Eines konnte Lederer sofort feststellen · eine völlige Unkenntnis über Österreich. Er fand in den
amerikanischen Zeitungen "viele Artikel, die über die Regierung und die Politik unseres Kaisers falsche Vorstellungen verbreiten" und kam zum Schluss, "dass man auf diese Entgegnungen bringen müsse
um die Fehler aufzudecken, die Fakten zu erklären . . . und die wirklichen Verhältnisse in Österreich darzustellen. Dies würde zu einer Annäherung beider Länder beitragen, und auch Handelsbeziehungen
erleichtern . . ."
Kein Buch deutscher Sprache
Allerdings glaubte Lederer, "hier seine konsularischen Befugnisse zu überschreiten . . ." Er besuchte auch die Library of Congress, die damals 20 bis 30.000 Bücher zählte, und fand dort kein
einziges Buch in deutscher Sprache. Mit der Erteilung des Exequaturs durch Präsident James Monroe am 13. November 1820 begann Lederers offizielle Tätigkeit in den USA. Bis zur Eröffnung einer k. k.
Gesandtschaft in Washington 1837 war Lederer auch in diplomatischer Mission tätig. In den Jahren 1828 und 1829 reiste er fünf Mal nach Washington; wo er am 27. August 1829 für das Kaiserthum
Österreich den "Schiffahrts- und Handelsvertrag mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika" abschloss. Lederer starb am 20. Dezember 1842 in New York.
Schon zu seinen Lebzeiten hatte fallweise der Kaufmann Eugen Dutilh das Generalkonsulat geleitet; er übernahm die provisorische Führung der Geschäfte. 1846 wurde August Belmont zum provisorischen
Honorar-Generalkonsul bestellt. Belmont, 1816 in Hessen geboren, war 1837 als Vertreter des Frankfurter Bankhauses Rothschild nach Havanna gegangen, und gründete mit 21 Jahren in New York das
Bankhaus "August Belmont & Company". Am 3.September 1847 wurde Belmont definitiv ernannt. Sein Haus an der Nord-Ost-Ecke der 18. Straße mit der Fifth Avenue war eines der prunkvollsten New Yorks.
1850 wurde dem Honorar-Generalkonsul in New York eine "besoldeter, in die Kategorie wirklicher Staatsbeamter gehörige Hilfskraft . . . zur Besorgung der laufenden Geschäfte . . . an die Seite
gestellt". Bei diesem Beamten handelte es sich um Karl Loosey. 1853 ernannte der neu gewählte US-Präsident PierceBelmont zum Ministerresidenten der USA in Den Haag. Die Praxis, dass US-Präsidenten
diplomatische Posten gegen entsprechende Unterstützung der Wahlkampfkasse vergeben, ist also nicht neu. Belmont ersuchte um Enthebung von dem Posten des k. k. Generalkonsuls, der stattgegeben wurde.
Er vertrat bis 1857 die USA in Den Haag, und war von 1860 bis 1872 Vorsitzender des Democratic National Committee. Belmont, der einzige kaiserliche Generalkonsul, der es zu einem amerikanischen
Spitzendiplomaten und Politiker brachte, starb am 24. November 1890 in New York. Sein Sohn August Belmont II (1853 bis 1924) organisierte 1900 die Rapid Transit Subway Construction Company und war
für den Bau der New Yorker U-Bahn verantwortlich.
Auf August Belmont folgte Karl Loosey. Mit einer Triester Kaufmannstochter verheiratet, bemühte er sich um die Schaffung einer direkten regelmäßigen Dampfschiffverbindung von Triest nach New York.
1853 zum k. k. Konsul und Verweser des Generalkonsulats ernannt, wurde er 1856 zum k. k. Generalkonsul bestellt. Als 1858 in New York große Mengen gefälschter Noten der Österreichischen National-Bank
auftauchen, gelang es Looseys "ausgezeichnetem Verhalten und energischem Wirken . . . die schnelle Unterdrückung dieser Fälschung zu erreichen und zur Bestrafung der an dem betreffenden Verbrechen
Beteiligten erfolgreich beizutragen", worauf ihm das Ritterkreuz des Franz-Josef-Ordens verliehen wurde. Loosey erwarb sich auch um den Handel zwischen Österreich und den USA, insbesonders den
österreichischen Weinexport, Verdienste, die 1868 zur Erhebung in den Ritterstand führten. Er starb am 21. Juli 1870 in New York.
"Sparpaket"-Reorganisation
Looseys Tod ermöglichte eine durch ein "Sparpaket" motivierte Reorganisation. 1871 wurde das Amt in New York wieder in ein Honorar-Generalkonsulat umgewandelt. Theo A. Havemeyer, Schwiegersohn
Looseys, wurde zum Generalkonsul ernannt. Er war Chef der größten und bedeutendsten Zucker-Raffinerien der Welt und mehrfacher Millionär. Seine New Yorker Raffinerie verarbeitete täglich 1,5
Millionen Pfund Zucker und beschäftigte über 3000 Arbeiter. Für die Staatsfinanzen ergab sich der angenehme Nebeneffekt, dass jährlich Kosten von · nach heutiger Kaufkraft · 205.000 Dollar eingespart
wurden. 1894 kam Havemeyer wegen Bestechung von mehreren Senatoren ins Gerede, und im April 1895 beschloss das Ministerium des Äußern das Generalkonsulat in New York wieder in eine Berufsvertretung
umzuwandeln. Am 1. Februar 1896 wurde Franz Stockinger zum Generalkonsul in New York ernannt; er brachte das Amt im Haus 31·33 Broadway unter.
"Speisen- und Fettgeruch"
Als 1906 der neue Generalkonsul Hoenning eintraf, hatte er von einer ordentlichen Unterbringung andere Vorstellungen: "befindet sich unser Generalkonsulat in einem ganz alten, wenig reinlichen
Hause, in Localen die jeder Beschreibung spotten. Man tritt in den Hausflur; zur Linken eine Bank, ein Cafehaus, zur Rechten eine italienische Agentur, dem Eintretenden gegenüber ein zweitklassiges
Restaurant, aus welchem zur Stunde der Mahlzeiten ein intensiver Speisen-und Fettgeruch ausströmt . . . Besteigt man das sehr mindere Lift um in unser 5. Stockwerk zu gelangen . . . mit jedem
Stockwerk der Geruch nach schlecht versorgten Anstandsorten penetranter wird, bis man . . . das Amt betritt." 1907 übersiedelte das Generalkonsulat nach 123 East 17th Street, wo die Kanzleien auf
3 Stockwerke verteilt waren, so dass der Generalkonsul kaum einen Überblick hatte, was seine Untergebenen machten; ab 1. Mai 1912 war das Amt in 7 großen Zimmern im dritten Stock des Battery Park
Building, 24 State Street untergebracht.
1,8 Millionen Auswanderer
Damals wie heute war die Betreuung der eigenen Staatsbürger eine wichtige Aufgabe eines Konsulats. Bildeten die Einwanderer aus Österreich-Ungarn im Zeitraum 1861 bis 1870 nur 0,33 % der
Gesamteinwanderung nach den USA, stieg deren Anteil zwischen 1871 bis 1880 auf 2,6%, um im Zeitraum 1881 bis 1890 6,7% (353.719) und im Dezennium 1891 bis 1900 16,0% (592.707) zu erreichen. Im
Jahrzehnt 1901 bis 1910 kam mit 24,4% Anteil oder 2.145.261 Einwanderern der Höhepunkt. Zwischen 1876 und 1910 wanderten aus der österreichischen Reichshälfte mehr als 1,8 Millionen Personen aus, aus
der ungarischen mehr als 1,7 Millionen aus. Von den 3,5 Millionen Auswanderern wählten 3 Millionen die Vereinigten Staaten als ihre neue Heimat. In den Jahren 1902 bis 1903 waren von den Einwanderern
23.597 oder 10,9% Deutsch-Österreichern, 37.499 Polen, 34.412 Slowaken, 32.892 Kroaten und Slowenen, 27.113 Magyaren, 9.819 Ruthenen, 9.557 Tschechen. Am Ende der Liste standen 1723 Dalmatier und
Bosnier-Herzegowiner. Der Gipfel wurde 1907 erreicht: über 500.000 Menschen wanderten aus der Monarchie aus; der Großteil in die Vereinigten Staaten.
Es war für die k. u. k. Konsuln nicht leicht, sich um alle Angehörigen der zahlreichen Völker Österreich-Ungarns zu kümmern · die Interessenlage war nicht immer die gleiche. 50.000 Tschechen in New
York, organisiert in 21 Vereinen wie Radfahrerklub, Ruderklub, Gesangsverein etc. und 2 Kirchen, verlangten 1906 die Ernennung eines Tschechen zum Generalkonsul in New York. Die Eingabe wurde in Wien
zu den Akten gelegt.
1911 schätzte das Generalkonsulat rund 100.000 Österreicher und Ungarn in New York City, 150.000 in ein bis zwei Stunden Eisenbahnfahrt im Umkreis, und 20- bis 30.000 Polen und Ruthenen in Buffalo,
wo 1909 eine Expositur des Generalkonsulates New York eröffnet wurde.
Kriegsschiffe als Heimatgruß
Vor 1914 liefen Kriegsschiffe Seiner Majestät im New Yorker Hafen ein, für die Generalkonsuln, wie im April 1902 anlässlich des Besuchs von S. M. Kreuzer "Szigetvar", Gelegenheit, "um in den New
Yorkern österreichischer oder ungarischer Herkunft die Angehörigkeit an ihr altes Vaterland wieder wachzurufen und das Gefühl der Zusammengehörigkeit in ihnen zu fördern."
Nach dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Österreich-Ungarn und den Vereinigten Staaten am 8. April 1917 übernahm das Schwedische Generalkonsulat den Schutz der österreichisch-
ungarischen Interessen. Am 31. Januar 1922 nahm Dr. Friedrich Fischerauer seine Tätigkeit als Generalkonsul der Republik Österreich in New York auf.