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Kopenhagen ist dieser Tage ein Codewort für einen erhofften Neubeginn in der Weltklimapolitik. Ein Blick auf die bisherigen Vorbereitungen löst allerdings Ernüchterung aus. Statt eines Schlusspunktes nach mehrjährigen Verhandlungen droht ein Scheitern.
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Zwei Dringlichkeiten geben der Konferenz in Kopenhagen einen höheren Stellenwert als den bisherigen UN-Klimakonferenzen: Erstens wird ein Nachfolgeabkommen für das nach 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll gesucht; zweitens mehren sich die besorgniserregenden Meldungen der Wissenschaft über einen fortschreitenden Klimawandel (aufgrund der de facto global unkontrollierten Treibhausgasemissionen).
Der befürchtete Misserfolg in Kopenhagen hängt an drei Inhalten: an verbindlichen Zielen für die Treibhausgasreduktion, an Finanzierungen für den Technologietransfer in die Schwellen- und Entwicklungsländer sowie am Grad der Verbindlichkeit eines neuen Klimaabkommens.
Nur wenige Jahre bleiben nach Ansicht der Klimaforschung, um einen katastrophalen Klimawandel abzuwenden. Die EU hat deshalb mit einer angekündigten Reduktion um zwanzig Prozent bis 2020 gegenüber 1990 eine Markierung gesetzt, an der die anderen Staaten gemessen werden. Das vergleichbare Ziel der USA kommt gerade einmal auf vier Prozent und ist abhängig von den tatsächlichen Gesetzesbeschlüssen. China verpackt seine Ziele in verminderte Emissionen pro Wirtschaftsleistung, was jedoch weiter zu steigenden Emissionen führt.
Ohne großzügige Finanzierungen für Technologien zum Ausstieg aus fossiler Energie, mit geschätzten 100 Milliarden Euro Jahresvolumen, fehlt jeder Klimapolitik die Effektivität. Gerade dafür konnte aber nicht einmal innerhalb der EU eine in Zahlen gegossene Verhandlungsposition erreicht werden.
Schließlich wird der Wert eines neuen Klimavertrags daran gemessen werden, ob er die völkerrechtliche Verbindlichkeit des bisherigen Kyoto-Protokolls aufweist oder nur einen viel unverbindlicheren Beschluss der Klimakonferenz. Die USA sind derzeit innenpolitisch nicht in der Lage, einem Abkommen mit internationaler Rechtsverbindlichkeit zuzustimmen.
Sichtbares Ergebnis für Kopenhagen wird somit kaum mehr als eine politische Absichtserklärung sein, deren Qualität an den Aussagen zu Zielen, Finanzierung und Verbindlichkeit zu messen sein wird. Die Dramaturgie dazu wird in den letzten Konferenztagen durch die Teilnahme vieler Staatspräsidenten ihren Höhepunkt erreichen.
US-Präsident Barack Obama weicht dieser letzten Chance für einen Konsens auf höchster Ebene aus: Er macht schon eine Woche früher, auf dem Weg zur Entgegennahme des Friedensnobelpreises, einen Stopp in Kopenhagen. Ritual und Realität über eine zukunftsfähige Klimapolitik klaffen somit vermutlich weiter auseinander.
Stefan Schleicher ist Professor für Volkswirtschaft am Wegener Zentrum für Klima und globalen Wandel der Uni Graz und Konsulent des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung.