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Roaming-Aus als Falle

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft
Billiges Surfen am Strand: Die EU-Pläne fürs Roaming haben auch ihre Schattenseiten.
© fotolia/AntonioDiaz

Fallen Roamingeinnahmen weg, könnten Tarife im Inland steigen.


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Wien. Die Handytarife sind in den vergangenen Monaten in Österreich gestiegen - das von der EU geplante Aus für Roaminggebühren könnte die Preise noch einmal erhöhen. Der Industrieausschuss des EU-Parlaments hat die Abschaffung der Roaminggebühren beschlossen. "Überall in der EU sollen Inlandstarife gelten. Die bisherigen Zuschläge sind nicht durch reale Kosten gerechtfertigt und sind ein künstliches Hindernis für die Personenfreizügigkeit und den EU-Binnenmarkt", so Paul Rübig, Telekomsprecher der ÖVP im Europaparlament. Mobilfunk-Nutzer können damit ab 15. Dezember 2015 EU-weit telefonieren und surfen, ohne dass zusätzliche Gebühren anfallen für die Nutzung eines ausländischen Netzes, betonte SPD-Europamandatar Norbert Glante.

Die Abstimmung im EU-Parlament über das Telekom-Paket ist beim Plenum in Straßburg am 3. April geplant. Dann müssten auch die Regierungen der 28 Mitgliedsländer zustimmen. Die Kommission erwartet eine finale Entscheidung Ende 2014 - allerdings liegen die Europa-Wahlen im Mai dazwischen.

Abschied von Niedrigpreisen?

Was das Aus der Roaminggebühren konkret für Handynutzer bedeutet, ist noch unklar. Fraglich ist etwa, ob im Tarif inkludierte Freiminuten künftig für Auslandstelefonate verwendet werden können. "Österreich zählt seit Jahren zu den günstigsten Mobilfunk-Ländern innerhalb der EU. Eine europaweite Angleichung der Preise kann für Konsumenten eines Niedrigpreis-Landes langfristig auch zu einer nachteiligen Preisentwicklung führen", heißt es vom Mobilfunker "3".

Die Arbeiterkammer fürchtet Preiserhöhungen: "Handynutzer freuen fallende Preise im Urlaub. Aber der durchschnittliche Verbraucher hält sich vor allem im Inland auf", so AK-Konsumentenschützerin Daniela Zimmer. Man werde ein kritisches Auge auf die Inlandstarife haben müssen.

Den Mobilfunkern gehen durch das Aus für Roaminggebühren in der EU Einnahmen verloren. Bei T-Mobile machen die gesamten Roaminggebühren acht bis zehn Prozent vom Umsatz aus, so T-Mobile-Sprecher Helmut Spudich. Fällt dieser durch die EU-Regulierung weg, könnte das weniger Investitionen in das Netz zur Folge haben. "Dann wird die Versorgung schlechter", warnt er. Marktführer A1 belastet die EU-Regulierung von 2012 bis 2016 mit 290 Millionen Euro.

Die Roamingeinnahmen gehen seit Jahren zurück, weil die EU Obergrenzen für Gebühren im EU-Ausland seit 1. Juli 2012 senkt. Ab 1. Juli 2014 darf für aktive Telefonate maximal 22,8 Cent, für passive Telefonate 6 Cent pro Minute verlangt werden. Versendete SMS dürfen höchstens 7,2 Cent kosten, Datenroaming maximal 24 Cent pro Megabyte.

"Den Schutz vor explodierenden Handyrechnungen hat die EU schon bisher gewährleistet", sagt Zimmer. Viel Schaden habe abgewendet, dass die Datenverbindung automatisch unterbrochen wird, wenn 60 Euro für Datenroaming in der EU erreicht werden. Dem Überschreiten dieses Betrages muss der Nutzer zustimmen.

Das Verkehrsministerium sieht als "mittelfristiges Ziel", schrittweise Zusatzentgelte für Handynutzung im EU-Ausland abzuschaffen: "Einerseits beanspruchen die Unternehmen zu Recht Investitionssicherheit, andererseits warnen die Konsumentenschützer mit gutem Grund davor, dass die nationalen Tarife steigen, wenn man die Roaminggebühren ohne Übergangsfrist streicht."

A1 greift in Verträge ein

Mit 19. Mai erhöht A1 die Grundentgelte für bestehende Kunden um 1,90 Euro pro Monat: Betroffen sind Sprach-Tarife, die vor dem 18. November 2013 angemeldet wurden, vor dem 3. Juni 2013 abgeschlossene Mobil-Internet-Verträge sowie vor dem 15. Mai 2013 angemeldete Red Bull Mobile Tarife. Zudem zahlen alle Kunden künftig die 2011 eingeführte SIM-Pauschale von 19,90 Euro jährlich. A1 begründet den Schritt mit "massiven Investitionen in die mobile Netzinfrastruktur". Die Menge der übertragenen Daten habe sich seit 2010 vervierfacht. Betroffene Kunden haben ein Sonderkündigungsrecht. Zimmer rät zum Tarifvergleich: "Wenn es nirgendwo günstiger ist, hilft ein Ausstiegsrecht nur bedingt."