Im Zeitalter der Hightech-Waffen und ihres Transfers zwischen den Staaten brauchen wir dringend ein klares internationales Regelwerk.
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Ein neues Arsenal satellitengestützter Waffen und Drohnen verändert die bisherige Kriegsführung. Die USA und die Nato verfügen bereits über diese Hightech-Waffen, die anderen wollen sie aber auch. Hier ein Einblick, wie sich dieser Technologietransfer vollzieht:
Vor einem Jahr führte Saudi-Arabien an der Grenze zum Jemen einen gefährlichen Krieg gegen Houthi-Rebellen. Die Saudis bombardierten Gebiete der Houthis, aber die Luftangriffe waren zu ungenau. Es gab Berichte über zivile Opfer. Also wandten sich die Saudis an die USA um Bilder von US-Überwachungssatelliten, mit denen sie eine höhere Trefferquote erreichen wollten.
US-General David Petraeus, zu dieser Zeit Centcom-Chef, soll die Saudis unterstützt haben. Das US-Außenministerium hingegen lehnte ab und warnte, dass eine Einmischung in den Konflikt, wenn auch nur durch Bereitstellen von Information, das Kriegsrecht verletzen könnte.
Also suchten die Saudis anderswo Hilfe - in Frankreich, das seine eigenen Aufklärungssatelliten hat. Und die Franzosen, besorgt darüber, dass durch unpräzise Bombenabwürfe zu viele Zivilisten zu Schaden kommen, versprachen Hilfe. Innerhalb weniger Tage waren die Einzelheiten geregelt. Und als Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy daraufhin Riad besuchte, erhielten die Saudis bereits die ersten genauen Bilder des Kriegsschauplatzes im Jemen.
Mit den neuen Informationen konnten die Saudis die Verstecke der Houthis aufspüren, ihre Versorgungsplätze und ihre Trainingslager. Ihre Angriffe waren ab dann von verheerender Durchschlagskraft, innerhalb weniger Wochen waren die Houthis zum Waffenstillstand bereit. Und bis Februar 2010 war dieses Kapitel des Grenzkriegs erledigt.
Für die Saudis war das ein wichtiger militärischer Erfolg. "Die Franzosen waren extrem hilfreich", und ihre Unterstützung "war einer der Hauptgründe, warum wir die Houthis zur Kapitulation zwingen konnten", sagte ein saudischer Offizier.
Darüber hinaus wirft dieses Beispiel weitreichendere Fragen auf über die Weitergabe von Technologien, die ihre tödliche Wirksamkeit während des vergangenen Jahrzehnts im Irak, in Afghanistan und in den Stammesgebieten Pakistans bewiesen haben. Diese Waffen sind verführerisch attraktiv. Sie verheißen die Vernichtung der Feinde aus sicherer Distanz in großer Höhe.
Die Büchse der Pandora öffnet sich: Die Saudis wollen nun, verständlicherweise, ihren eigenen Satellitenzugang. Bald werden sie sich dafür Angebote von westlichen Unternehmen machen lassen. Außerdem wünscht man in Riad Drohnen zum Ausspähen und Angreifen entfernter Ziele.
Auch die USA überlegen, ob sie Varianten ihrer Predator-Drohnen in ein Waffengeschäft mit den Saudis aufnehmen sollen. Solche Waffen könnten Saudi-Arabiens Möglichkeiten stärken, den Iran abzuschrecken, aber sie könnten auch Israel gefährden.
Diese Waffen sind so gut, dass man abhängig von ihnen werden kann. Sie ermöglichen überaus präzise Aktionen, die man in anderen Zeiten, außerhalb von Kriegen, als Morde bezeichnen würde. Aber ganz wie die USA wollen sich auch andere Nationen vor terroristischen Rebellen schützen, also wird die Nachfrage nach diesen Waffen steigen.
Es ist Teil des modernen Lebens, dass sich Menschen in Konfliktzonen ständig im Fadenkreuz tödlicher Waffen befinden. Das Kriegsrecht mag in unserem Zeitalter der Robo-Waffen verstaubt wirken, aber tatsächlich brauchen wir heute ein klares internationales Regelwerk dringender als je zuvor.
Übersetzung: Redaktion Der Autor war Chefredakteur der "International Herald Tribune". Seine Kolumne erscheint auch in der "Washington Post". Originalfassung