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Roboter meldet sich zu Israels Diensten

Von Alexander Dworzak

Politik
"Guardium" erfreut Militärs, doch Human Rights Watch warnt davor.
© g-nius

"Guardium" patrouilliert an Gaza-Grenze, Experten warnen vor autonomen Waffen.


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Tel Aviv/Wien. Die Luft haben unbemannte Kampfflugzeuge bereits erobert. So setzen die USA in Afghanistan bevorzugt Drohnen ein, um islamische Extremisten zu töten. Ferngesteuerte Kampfgeräte schicken sich an, nun auch den Boden einzunehmen: Israels Streitkräfte setzen an der Grenze zum Gazastreifen regelmäßig einen Roboter ein. Der äußerlich einem Buggy in Panzergewand ähnelnde "Guardium" helfe bei der Grenzkontrolle, indem er Stellungen einnehme, die für Soldaten zu gefährlich seien, heißt es seitens des Militärs.

Noch ist das Gefährt unbewaffnet. Noch wird "Guardium" von einem Kommandostand aus gesteuert - kann aber bereits jetzt selbständig auf vorgegebenen Routen patrouillieren. Vergrabene Sprengkörper erkenne das unbemannte High-Tech-Fahrzeug ebenso wie Kämpfer, die an den Grenzzaun herankriechen, berichten Israels Streitkräfte stolz.

Der weitere Weg des Geräts scheint vorgezeichnet: Nicht nur ist eine Aufrüstung mit Maschinengewehren und Granatwerfern problemlos möglich. "Guardium" könnte auch eines Tages ohne Anweisung von Soldaten Ziele angreifen und selbständig Menschen töten.

Eine Horrorvorstellung wäre das für Human Rights Watch (HRW). "Killer-Roboter" dürften nicht über Leben oder Tod entscheiden. Es dürfe nicht ihnen überlassen werden, wer auf dem Schlachtfeld überlebt oder stirbt. Und: "Wer soll dann für die Tötung eines Menschen zur Verantwortung gezogen werden?" Gemeinsam mit Juristen der Harvard Law School fordert die Menschenrechtsorganisation das völkerrechtliche Verbot völlig autonom agierender Waffen.

Wie Spielkonsole bedienbar

Wann diese marktreif sein werden, ist ungewiss: Experten gehen von 20 bis 30 Jahren aus; aufgrund der rasanten technischen Entwicklung scheint ein früherer Zeitpunkt allerdings möglich. Seit 2008 experimentiert die israelische Armee mit ihrer fahrenden Drohne. In einer Broschüre des Herstellers sind zwei Soldaten vor Monitoren abgebildet und steuern "Guardium" via Lenkrad und Joystick. "Jeder, der mit einer Playstation aufgewachsen ist, lernt die Bedienung binnen Sekunden", sagte der damalige Direktor der Firma, Erez Peled, zu Projektstart.

Israel arbeitet nicht als einziges Land an unbemannten Gefechtssystemen. Sechs Milliarden Dollar pro Jahr investieren die USA in deren Entwicklung - vor allem in der Luft. Auf dem Boden sind derzeit einige Jeeps versuchsweise in Afghanistan im Einsatz, derzeit aber nur als Gepäcksträger. Bewaffnet ist dagegen der südkoreanische "Security Guard Robot". Er ist an der Grenze zum verfeindeten Nachbarn im Norden stationiert, jedoch nicht mobil.

Für Israels Armee kommt "Guardium" genau zur rechten Zeit. Das 80 km/h schnelle und mit 300 Kilo an Sensoren, Kameras und potenziellen Waffen ausgerüstete Gerät verringert angesichts der angespannten Lage im Gazastreifen das Risiko für die eigenen Streitkräfte - und verschafft dem Militär eine strategische Option. Die Armee kommuniziert diese offensiv. Erst Anfang Oktober publizierte sie online einen Artikel zu "Guardium". Bezeichnender Titel: "Das Phantom am Zaun" - denn über seine Fähigkeiten lässt Israels Armee ihre Gegner im Unklaren: "Guardium" könne "verschiedene gewaltsame Methoden anwenden, um die Bedrohung zu eliminieren".