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"Rohani hat zumindest die Atmosphäre im Land verändert"

Von Arian Faal

Politik
Bahman Nirumand zieht eine zwiespältige Bilanz.
© Faal

Nahost-Experte Bahman Nirumand im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" über die Grenzen der Macht von Irans Präsident Rohani.


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"Wiener Zeitung": Viele Iraner sind von Präsident Hassan Rohani enttäuscht. Sind seine Reformversprechen nur eine Seifenblase, die zerplatzt ist?

Bahman Nirumand: Na ja, man muss sagen, dass wir jetzt im Iran eine andere Atmosphäre haben. Die Menschen hoffen auf bessere Zeiten. Diese Regierung steht ganz anders da als die Vorgängerregierung unter Mahmoud Ahmadinejad.

Welchen Eindruck hat der Westen von Rohani?

Man akzeptiert, dass er nach Lösungen sucht, eine moderate Politik verfolgt und entschlossen ist, den Atomstreit zu lösen. Allerdings sind der Regierung in vielen Belangen die Hände gebunden.

Was meinen Sie genau?

Es gibt viele konservative Kräfte im Land, die eine Fortsetzung der alten Politik unter Ahmadinejad forcieren. Diese Kräfte fürchten sich auch davor, dass eine Öffnung nach außen, allen voran
eine Annäherung an Washington, die Islamische Republik von Grund auf verändern könnte. Die Hardliner haben Angst, dass
die kulturellen Einflüsse von außen die Grundpfeiler des Gottesstaates ins Wanken bringen.
Dieser Widerstand macht es Rohani schwer, seine Ziele zu verfolgen.

Dennoch hat er zum Westen viele Brücken gebaut . . .

Bezüglich der Außenpolitik ist auch nicht viel weitergegangen. Die Atomverhandlungen hat man nur verlängert. Eine Lösung ist noch nicht in Sicht. Bei diesem Thema sind die Widerstände der Ultrakonservativen gegen Rohani besonders groß. Sowohl die Zugeständnisse, die er in der Atompolitik gegenüber dem Westen bereits gemacht hat, als auch jene, die der Iran noch tätigen wird müssen, um zu einer Einigung zu gelangen, stehen im Fokus der Kritik. Sowohl im Parlament als auch innerhalb anderer Instanzen wird dieser Widerstand immer heftiger. Eigentlich kann man von einer Patt-Situation sprechen.

Eine besondere Rolle nimmt hierbei der Oberste Geistliche Führer Ali Khamenei ein. Einerseits unterstützt er Rohani, andererseits will er in der Atomfrage unnachgiebig bleiben . . .

Khamenei macht das ganz bewusst, denn er braucht beide Seiten. Er weiß genau, dass der Iran eine Lösung in der Atomfrage benötigt, denn das Land befindet sich seit einigen Jahren in einer Krise. Ohne ein Ende der schmerzhaften westlichen Wirtschaftssanktionen kann diese
Krise nicht überwunden werden. Deswegen unterstützt er das
Verhandlungsteam rund um Außenminister Mohammad Javad
Zarif. Auf der anderen Seite
wiederum will er die radikalen Kräfte nicht verlieren und zeigt auch für deren Forderungen Verständnis.



Als Rohanis "Joker" gilt der Ex-Präsident und Chef des einflussreichen Schlichtungsrates Ali Akbar Hashemi-Rafsanjani. Wie hilft er seinem politischen Ziehsohn?

Rafsanjani ist nach wie vor einer der mächtigsten Männer im Iran. Gerüchte besagen, dass er auch wieder den Vorsitz des Expertenrates übernehmen soll. Dann hätte er neben dem Schlichtungsrat einen weiteren wichtigen Hebel zur Macht. Er ist ein realistischer Politiker, der weiß, dass der Iran nicht so weitermachen kann. Doch auch er kann nicht alles durchsetzen. Es ist aber sehr vieles in Bewegung, und es gibt eine Reihe von grundsätzlichen Auseinandersetzungen. Letztendlich besteht durchaus die Hoffnung, dass sich die Situation grundsätzlich ändert.

Eine dieser Änderungen unter Rohani ist die Neubesetzungen von vielen Schlüsselpositionen unter dem Motto "Moderate Kräfte statt Hardliner". Wie hat sich das ausgewirkt?

Natürlich sind tausende Stellen neu besetzt worden. In der Verwaltung und im politischen Apparat. Letztlich muss man aber wissen, dass der Präsident und die Regierung im Iran wenig Macht haben. Sie stehen anderen mächtigen Instanzen gegenüber, etwa dem Wächterrat, dem Parlament, dem Obersten Führer und dem Expertenrat. Dies sind alles Gremien, die nicht unter der Regie der Regierung stehen.

Hat Rohani versagt?

Nein, er setzt immer wieder kleine Akzente. Rohani ist mutig, wagt viel und setzt sich über einiges hinweg. Denken wir an das geplante Treffen zwischen Rohani und US-Präsident Barack Obama bei der UN-Generalversammlung im September oder die Wiederaufnahme der Beziehungen zu Großbritannien. Auch die Glückwünsche für das neue Jahr der Juden. Das alles sind kleine Schritte. Letztlich muss man aber sehen, wohin sie führen, und da bin ich eher nicht so optimistisch. Nun wird alles davon abhängen, wie sich der Westen verhält. Wenn dieser Maximalforderungen in der Atomfrage stellt, und es zu keiner Einigung kommt, schwächt das Rohani. Kann er aber außenpolitische Erfolge feiern, dann stärkt ihm dies den Rücken für die Innenpolitik.

Zur Person

Bahman Nirumand

ist Iran- und Nahost-Experte.
Seit 2001 ist der 77-Jährige Verfasser des monatlich erscheinenden Iran-Reports der Heinrich-Böll-Stiftung.