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Rohani stellt den Westen vor eine Mutprobe

Von Stefan Haderer

Gastkommentare
Stefan Haderer ist Kulturanthropologe und Politikwissenschafter.

Der iranische Präsident sorgt immer wieder für Überraschungen im Westen. Grundsätzlich hat sich am Verhältnis zum Iran aber noch nichts geändert.


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Man nennt ihn den "lächelnden Mullah", doch sein Lächeln ist bittersüß, um nicht zu sagen gnädig. Kein Machthaber überrascht die Welt - zumindest die westliche - gerade so sehr wie der iranische Präsident Hassan Rohani, der die Geschicke der islamischen Republik seit August 2013 lenkt.

Nicht nur beim Weltwirtschaftsforum in Davos ließ Rohani aufhorchen, indem er sein Land internationalen Unternehmen öffnen und dadurch "eine Interaktion mit der Welt ermöglichen" will. Nachdem Mitte Jänner einige internationale Sanktionen gegen den Iran gelockert wurden, macht der iranische Präsident nun auch dem historischen Feind USA ein Friedensangebot, was unter seinem Vorgänger Mahmoud Ahmadinejad noch undenkbar gewesen wäre.

Die Hindernisse sind jedoch groß. Und diesmal stellt sich nicht die Frage, ob der Iran dem Westen entgegenkommen wird, sondern vielmehr, ob der Westen unter dem Druck anderer Staaten überhaupt an einer freundschaftlichen Beziehung interessiert ist. Die Mehrheit im US-Kongress, die seit dem Geiseldrama 1979 dem Iran eher feindlich gesinnt ist, agiert laut Jessica Mathews, Präsidentin der Denkfabrik Carnegie Endowment for International Peace, auf Druck von Israel. Dies könnte einem freundschaftlichen Abkommen im Weg stehen.

Rohani beharrt weiterhin auf dem Recht des Iran auf zivile Kernenergienutzung, wie diese unter anderem in Deutschland, Japan und Brasilien durchgeführt wird - und das ohne internationale Bedenken, wie Mathews betont. Wie sein Vorgänger sieht Rohani im internationalen Widerstand gegen das iranische Atomprogramm nicht nur eine Verletzung der Souveränität, sondern auch eine Diskriminierung, für die die iranische Zivilbevölkerung durch Sanktionen auf mehreren Ebenen büßen muss.

So sehr Rohani also lächeln mag und so sehr man seine Handshakes mit westlichen Regierungsvertretern gutheißen will (Ahmadinejad hatte man ostentativ auf internationalen Konferenzen ignoriert), an seiner nationalen Einstellung wird das nichts ändern. Der Mann, der dem Führer der islamischen Revolution, Ayatollah Khomeini, als Sicherheitsberater treu zur Seite stand, wird kaum das Unrecht vergessen, das die USA seinem Land bescherten: von der militärischen Unterstützung Saddam Husseins im Krieg gegen den Iran in den 1980ern bis hin zur Kampfrhetorik von Präsident George W. Bush, der den Iran in die "Achse des Bösen" reihte.

Auf der anderen Seite hat sich seit Rohanis Machtübernahme recht wenig an der Voreingenommenheit des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu geändert, der Rohani als "Wolf im Schafspelz" bezeichnet. Und dann ist da noch die ungelöste Syrien-Frage. Viele westliche Regierungen und Israel scheuen sich nicht, den Iran für seine Unterstützung des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad zu verurteilen, während man das Engagement Saudi-Arabiens für die Unterstützung fanatisch-radikaler Rebellen wohlwollend duldet. Es wird sich also weisen, ob eine Freundschaft mit dem Iran dem Westen nicht eher im Weg sein wird als sie ihm nützt.