Eine SPÖ-nahe Handlungsanleitung im Landesunternehmen Salzburg AG sorgt für Aufregung.
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Salzburg. Zuerst war da nur ein ominöses "Geheimpapier" im Salzburger Energie- und Verkehrsversorger Salzburg AG. Am Wochenende schaffte es das Papier, ein Zweiseiter, dann in die Medien. Es trägt den Titel "Punktation zum Rollenverständnis von sozialdemokratisch gesinnten Führungskräften" und sorgt auch nach seiner Enthüllung via "Salzburger Nachrichten" für Aufregung im ansonsten lauen Salzburger Polit-Sommer.
Am Freitag wird sich jedenfalls der Aufsichtsrat des Unternehmens in einer Sondersitzung mit der Causa befassen. Das geschieht auf Betreiben der Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Rössler von den Grünen, die für das Land im Aufsichtsrat sitzt. Gemeinsam mit der Stadt hält das Land die Mehrheit an der Salzburg AG, die oberösterreichische Energie AG ist ebenfalls beteiligt.
Rössler hatte die Einberufung des Aufsichtsrates noch ohne genaue Kenntnis der Punktation beantragt, mittlerweile hält auch sie das Papier in Händen. Darin heißt es unter anderem: "Im Zuge der Neuausrichtung der sozialdemokratischen Interessenbewegung in der Salzburg AG kommen die sozialdemokratisch gesinnten Führungskräfte überein, ihre Rolle im Unternehmen nach folgenden Grundsätzen zu definieren." Unter Punkt 2, "Gleichbehandlung sicherstellen" heißt es weiter: ". . . sicherstellen, dass sozialdemokratisch denkende Mitarbeitende in punkto Einstellung, Ausbildung, Karriere und Beförderung nicht benachteiligt werden."
Als das Papier noch geheim war, hatte es geheißen, dass SPÖ-nahe Mitarbeiter gezielt gefördert werden sollen. Ob "nicht benachteiligen" bereits eine gezielte Förderung ist, sei dahingestellt. "An meiner Empörung hat sich nichts geändert", sagt Rössler nach dem Lesen des Papiers zur "Wiener Zeitung". "Es ist vollkommen untragbar, überhaupt so eine Punktation mit parteipolitischer Zugehörigkeit zu notieren. Das ist klassische Parteibuchwirtschaft", sagt Rössler.
Aufsichtsrätin Rösslerfürchtet weitere Probleme
"Es ist in kurzer Zeit das dritte Problem, das eskaliert ist. Da gibt es einen dringenden Informationsbedarf", erklärt die Grün-Politikerin. Seit dem Eintritt in die Landesregierung vor gut einem Jahr sitzt sie nun im Aufsichtsrat. "Mir war klar, dass das eine sehr wichtige Position ist", erklärt Rössler, warum dieser Posten nicht wie andere Aufsichtsrat-Posten der Grünen extern vergeben wurde. Nun zweifelt sie am Vorstand und befürchtet, dass im Unternehmen noch mehr Probleme auftauchen könnten. "Ich habe Sorge, dass über wichtige Entscheidungen im Aufsichtsrat nicht informiert worden ist."
In jüngster Zeit war das bei einer Ausdünnung des Busangebots über die Sommermonate in der Stadt Salzburg ebenso der Fall wie bei der Abberufung des mächtigen und beliebten Verkehrsdirektors der Salzburg AG, Gunther Mackinger. Er wurde trotz Widerstandes und einer breiten Allianz an politischen Unterstützern vergangene Woche aus dem operativen Bereich auf einen Posten in der strategischen Planung abgeschoben.
Dass die ersten Berichte über das Geheimpapier just einen Tag auftauchten, nachdem Mackinger seine operative Macht abgab, muss kein Zufall sein. Schließlich muss das Papier in der Salzburg AG schon wesentlich länger bekannt sein, wurde es vom SPÖ-nahen Vorstand August Hirschbichler doch schon im Mai 2011 aufgesetzt. Mackinger weigerte sich damals, die Punktation zu unterschreiben. Auch ansonsten seien Hirschbichler und Mackinger trotz gleicher Parteinähe nicht immer einer Meinung gewesen, heißt es.
Auffällige Chronologieder Eskalation
Abgesehen von betriebsinternen Intrigen zeigt die Affäre jedoch, dass das parteipolitische Kräftemessen noch größeren Raum einnimmt als ohnehin schon vermutet. Vorstand Hirschbichler begründet das Verfassen der Punktation paradoxerweise mit der Sorge vor politischer Einflussnahme. Nach der von SPÖ-Seite verlorenen Betriebsratswahl 2010 wollte man "die direkte Einflussnahme der Politik vom Unternehmen fernhalten", so Hirschbichler. Er stehe "reinen Gewissens" zur Punktation, sagt Hirschbichler. Salzburgs SPÖ-Chef Walter Steidl distanziert sich dagegen von politischer Einflussnahme in Unternehmen und will bei einer Aufklärung der Causa mitmachen. Dennoch erinnern diese Tage an die Hochblüte der rot-schwarzen Landesregierung in Salzburg, als zwischen den beiden Koalitionspartnern fast täglich die Hackeln tief flogen. Selbstredend schlachtet die ÖVP die Affäre beim Ex-Partner nun genüsslich aus.