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Mehr als 200.000 Menschen waren gekommen, um den Worten des US-Präsidentschaftskandidaten zu lauschen. Das war 2008 in Berlin, und die Rede, die Barack Obama damals vor der Siegessäule hielt, entflammte die Zuhörer; die Bilder gingen um die Welt.
Am Mittwoch ist nun der Präsidentschaftskandidat Mitt Romney zu seiner Auslandstournee aufgebrochen. Die Meldung kursiert schon seit Wochen, doch interessiert hat das bisher kaum jemanden. Jubelszenen wie seinerzeit aus Berlin gab es bei Romneys Ankunft in London nicht, und es wird sie auch bis zum Ende der Reise am Dienstag nicht geben. Im Gegenteil: Mit seiner Kritik an der britischen Organisation der Olympischen Spiele beziehungsweise den Sicherheitsmaßnahmen wird sich Romney keine Freunde unter den Briten machen.
Ob ihm jemand zujubelt, wird dem Präsidentschaftskandidaten grundsätzlich egal sein. Nicht, dass es nicht nett wäre, wenn sich da euphorische Menschen fänden. Doch die Auslandsreise ist für ihn ohnedies nicht außen-, sondern innenpolitischer Natur.
Mit dem Besuch der Olympia-Eröffnungsfeier in London hat Romney Gelegenheit, die US-Boys und -Girls anzufeuern und zu zeigen, wie patriotisch er ist. Immerhin hat Olympia einen äußerst hohen Stellenwert in den USA. Gleichzeitig kann er in Erinnerung rufen, dass er seinerzeit die Olympischen Winterspiele nach Salt Lake City geholt hat.
Den großen Durchbruch wird Romney mit ziemlicher Sicherheit auch bei seiner nächsten Station Israel nicht verkünden können. Das ist aber ohnedies nebensächlich, denn der Besuch gilt eigentlich den jüdischen Wählern in den USA, die mit 64 zu 29 Prozent mehrheitlich hinter Obama stehen. Ein klares Bekenntnis zur israelischen Politik soll Romney wohl helfen, aufzuholen.
Seine letzte Station ist Polen; nicht etwa Deutschland (Kanzlerin Angela Merkel hat keine Zeit für ihn) oder Frankreich (keiner weiß, warum der Mann, der dort früher als mormonischer Missionar zugange war, die Grande Nation auslässt). Zusammentreffen wird er mit Lech Walesa. Im Wahlkampf macht es sich gut, mit dem Kämpfer gegen die Sowjetunion zu reden, gerade wenn Obama von extremen Republikanern vorgeworfen wird, ein Marxist zu sein. Historische Stätten will Romney auch besuchen, es wird vermutet, dass es sich dabei um Auschwitz handelt.
Bei seiner Rückkehr in die Heimat wird Romney sein außenpolitisches Profil geschärft haben. Das Thema ist zwar alles andere als zentral in den USA, gehört aber grundsätzlich auch besetzt, was somit erledigt wäre. Neue Freunde aus Europa wird er aber nicht im Gepäck haben.