Mit österreichischem Know-how auf den Spuren der Römer, aber auch der Wikinger.
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Wien. Nach der aufsehenerregenden Entdeckung einer Gladiatorenschule im antiken Carnuntum im östlichen Niederösterreich "werden weitere große Sensationen kommen", sagt der Wiener Archäologe Wolfgang Neubauer. Der Direktor des Ludwig Boltzmann Instituts für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie (LBI ArchPro) kündigte am Freitag an, dass innerhalb der nächsten drei Jahre die gesamte Fläche von Carnuntum - rund zehn Quadratkilometer - mit modernsten Methoden untersucht werden soll. Aus der Luft hat man das Gebiet schon mit Laser- und Hyperspectral Scanning erfasst. An dem vom Land Niederösterreich finanzierten Projekt sind neben dem LBI ArchPro, die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) und die Universität Wien beteiligt.
Vier Hektar Fläche pro Tag
Mit Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle und ZAMG-Direktor Michael Staudinger stellte Neubauer bei einem Pressegespräch an der ZAMG ein neues Multikanal-Bodenradargerät vor, wie es auch schon bei aktuellen Projekten mit österreichischer Beteiligung im Ausland zum Einsatz kommt. Das Gerät basiert auf einem 16-Kanal-MIRA-System der Firma Mala Geoscience. Es verfügt über 400-Megahertz-Antennen und kann mit einer Auflösung von acht mal acht Zentimeter bis zu drei Meter in die Erde schauen. So können pro Tag bis zu vier Hektar Fläche untersucht und die Messergebnisse mit entsprechender Spezialsoftware dreidimensional dargestellt werden.
"Mit österreichischem Know-how auf den Spuren der Wikinger" kommentierte Töchterle die demnächst anlaufende Untersuchung der Grabungsstätte in Gokstad, südwestlich von Oslo (Norwegen). Dort wurde im 9. Jahrhundert ein extrem groß gewachsener Wikinger mit einem kompletten, 23 Meter langen Schiff samt Ausstattung in einem Grabhügel beigesetzt. Das Schiff wurde bereits 1880 ausgegraben, nun soll die gesamte, etwa 40 Hektar umfassende Umgebung von den Wissenschaftern untersucht werden. Man weiß bereits jetzt von weiteren Grabhügeln, einer Siedlung und Hafenanlagen.
Das Wesentliche an der Arbeit mit Bodenradar besteht darin, dass die Archäologen ohne zerstörerischen Eingriff Informationen erhalten, wo sich eine Grabung lohnen könnte und wo nicht. Diese Technik eignet sich natürlich auch für das Bauingenieurwesen, um Bodeneingriffe, Leitungen oder Hohlräume zu erkennen. Es geht immer um das Visualisieren der Grenzflächen von Materialien mit unterschiedlichen elektromagnetischen Eigenschaften.
Mit den modernen österreichischen Methoden wurden auch schon an Unesco-Weltkulturerbestätten wie der griechisch-römischen Metropole Ephesos (Türkei), der großen Wikingersiedlung Birka (Schweden) oder am Steinkreis Stonehenge (Großbritannien) sensationelle archäologische Entdeckungen gemacht. Dazu zählen vor allem "Woodhenge", eine prähistorische Holzformation in unmittelbarer Nachbarschaft zu Stonehenge, und mehrere Monumentalbauten in Ephesos.
Die ZAMG, so Direktor Staudinger sei bekannt für Wetterprognosen, die immer präziser würden - "Sie sind heute schon für sieben Tage so genau wie früher für drei Tage" -, sie befasse sich aber seit jeher auch mit Fragen von Klima, Umwelt und Geophysik, daher auch mit dem Erdmagnetfeld und der Bodenforschung. Für die neue ZAMG-Homepage, die umfassend über Wetter, Klima und Forschungen informiert, wünscht sich Staudinger viele Besucher und Rückmeldungen.