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Rosen sind kein goldenes Geschäft

Von Claudia Peintner

Wirtschaft

Viele Valentinstags-Rosen kommen aus Afrika, wo auch ein Wiener eine ehemalige Blumenfarm der Bank Austria leitet.


"Wiener Zeitung":Wie kommt ein Österreicher dazu, zwei Rosenfarmen in Ostafrika zu leiten?Herwig Tretter: Ich habe Landwirtschaft studiert und wollte in die Entwicklungshilfe gehen. Im Laufe der Jahre bin ich jedoch zur Überzeugung gekommen, dass man am meisten bewirken kann, wenn man in der Wirtschaft selbsttragende Projekte betreibt, da sie langfristig eine höhere Entwicklungschance haben als gesponserte Projekte. Als ich mich selbständig machen wollte, bin ich auf die Bank Austria gestoßen, die einen Sanierungsmanager für eine von ihr gesponserte, verschuldete Rosenfarm suchte. 2004 bin ich eingestiegen.

War es ein dorniger Start, so ganz ohne Blumenbranche-Erfahrung?

Unser Konzept war es, die besten Rosen der Welt zu erzeugen und dann auf der Blumenauktion in Holland zu Höchstpreisen zu verkaufen. Damit sind wir auf die Nase gefallen. Da wir in einer sehr warmen Gegend sind, wo die Rosen kleinere Köpfe bekommen, konnten wir mit dem Hauptkonkurrenten Kenia nicht mithalten. Ich kam dann zu der Überzeugung, dass wir eine gute Qualität für Supermärkte haben. Um dort stärker in die Regale zu kommen, haben wir die Labels Fairtrade und MPS erworben, die für eine sozial- und umweltverträgliche Produktion stehen.

Um wie viel besser werden die Mitarbeiter auf Fairtrade-Blumenfarmen entlohnt?

Wir zahlen im Schnitt einen Nettolohn von 80 Euro - der Mindestlohn ist 35 Euro. Dazu gehören auch Nebenleistungen wie freie ärztliche Versorgung, Wohnbeihilfe, freies Mittagessen, bezahlter Urlaub oder Karenzgeld.

Die Belegschaft von Fair-Trade-Farmen klagt dennoch, dass die Löhne kaum zum Leben reichen. Im Supermarkt kosten Fairtrade-Blumen um ein Drittel mehr als herkömmliche. Wäre da nicht mehr für die Produzenten drinnen?

Der Supermarkt muss Geld damit verdienen, sonst würde er es nicht machen. Der Zwischenhandel braucht auch etwas. Für die Farm ist es sehr knapp, aber wir können leben. Der Grund, warum keine höheren Löhne gezahlt werden können, ist der Wettbewerb. Es gibt eine Überproduktion an Rosen - vor allem in Kenia haben sich in den vergangenen 20 bis 30 Jahren unzählige Firmen angesiedelt, weil das früher ein goldenes Geschäft war. Das drückt den Preis. Gleichzeitig gibt es Supermarktketten, die sehr geringe Marktpreise verlangen. Wenn wir nicht Fairtrade-Blumen verkaufen würden sondern an einen Diskonter, würden wir pleitegehen.

Zum Alltag auf einer Blumenfarm: Mit welchen Herausforderungen haben Sie dort täglich zu kämpfen?

Es gibt ständig Elektrizitätsausfälle, die die Computersysteme zerstören. Zudem ist es schwierig, eine funktionierende Buchhaltung zu haben, weil viele Buchhalter weder die Ausbildung noch das Ethos dazu haben. Wirbelwinde reißen die Plastikdächer weg, man bekommt schwer die Mehrwertsteuer zurück oder es kommt vor, dass die Regierung plötzlich eine Fracht-Steuer erlässt, die es nirgendswo sonst gibt.

Wie sehen Ihre Zukunftspläne aus?

Das Nahziel lautet: Die zweite Blumenfarm sanieren. Langfristig überlege ich, ins Brunnengeschäft einzusteigen, um die Wasserversorgung in Gang zu bringen. Tansania ist von der Natur her eines der reichsten Länder der Welt. Sie haben aber nicht gelernt, Brunnen zu schlagen.

Zur Person

Herwig Tretter (56) leitet in Tansania die Rosenfarmen Mount Meru und Tanzania Flowers mit rund 750 Mitarbeitern. Jährlich werden 45 Millionen Rosen produziert. Ein Drittel der Exporte geht nach Österreich, vor allem in Rewe-Filialen; der Rest nach Holland, Deutschland und in die Schweiz. Vor seiner Zeit als Blumenmanager war Tretter im Vorstand des Ladenbauers Umdasch.