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Rosenkranz: "Wollen Prölls Absolute brechen"

Von Clemens Neuhold

Politik

Rosenkranz wünscht sich die Zeit vor Schengen zurück.


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"Wiener Zeitung":Ist die aktuelle Sexismusdebatte ein weiterer Meilenstein "auf dem Weg zum geschlechtslosen Menschen", wie Ihr Buch heißt?Barbara Rosenkranz: Die Debatte ist absolut lächerlich und schwer kontraproduktiv. Man kann nicht jede zwischenmenschliche Sache gesetzlich regeln. Übergriffe sind gesetzlich geregelt, alles andere ist eine Frage des Respekts, dafür braucht es keine Tugendklubs.

Soll es härtere Strafen für Po-Grapschen geben?

Schauen Sie sich die Probleme an, die wir im Land haben, von der Finanzkrise bis zur Kriminalität. Und diese zwei Ministerinnen (Frauenministerin Gabriele Heinisch Hosek und Justizministerin Beatrix Karl, Anm.) unterhalten sich über ein Gesetz gegen Po-Grapschen. Unglaublich.

Wie beurteilen Sie das, was der FDP-Politiker Brüderle am Anfang der Debatte gemacht hat?

Das war ein falsches Kompliment, ich hätte vielleicht mit einer bösartigen Anspielung auf sein Alter reagiert.

Sind Sie in der männerdominierten FPÖ schon mal mit Sexismus konfrontiert gewesen?

Ich habe da keinerlei Probleme gehabt. Wenn ein älterer Herr ein Kompliment angebracht hat, war ich schlagfertig genug. Das kann man uns Frauen bitte zutrauen.

Warum sind Sie weiter Spitzenkandidatin? Sie haben 2008 zwar die Stimmen verdoppelt, sind aber mit 10,5 Prozent weit hinter der Bundespartei (18 Prozent) gelegen.

Wir haben damals ein tolles Ergebnis gehabt, in Niederösterreich hat es die FPÖ aus historischen Gründen schwerer. Jetzt wollen wir weiter zulegen und die absolute Mehrheit von Erwin Pröll brechen.

Frank Stronach könnte Sie Stimmen kosten. Mit Aussagen wie "das Boot ist voll" oder seiner Kritik an Landeshauptmann Erwin Prölls Spekulationsgeschäften hat er idente Themen wie die FPÖ.

Was ich wahrnehme, ist ein Streit zweier machtverliebter Herren um Weltkugeln und Baustellen. Sie verstanden sich früher sehr gut. Wäre es nicht zum Bruch gekommen, wäre Stronach heute in Prölls Unterstützungskomitee.

Sie wollen die Ost-Grenzen wieder schließen?

Im Schengen-Vertrag gibt es die Möglichkeit, die Reisefreiheit bei Gefahr für Sicherheit und Ordnung befristet auszusetzen, bei der Fußball-Europameisterschaft 2008 war das kein Problem.

Wo sehen Sie eine Gefahr für Sicherheit und Ordnung?

Jeder achte Haushalt in der Ostregion wird Opfer von Verbrechen. Die innere Sicherheit ist nicht mehr gewährleistet.

Warum müssen sich ältere Menschen, wie Sie sagen, bei Dämmerung auf dem Friedhof fürchten?

Weil dort Kupferdiebe unterwegs sind und es auf Gießkannen und Laternen abgesehen haben. Das ist nicht angenehm.

Aber dann müssten Grenzbalken ja dauerhaft wieder runter, was EU-Recht widerspricht.

Wir sind dafür, auf 24 Stunden befristet und unangekündigt Grenzkontrollen durchzuführen.

Was sagt Ihr Wirtschaftsflügel zu neuen Grenzkontrollen und Warteschlangen im Transit?

Wir hätten nur gerne den Zustand von 2007 vor der Schengen-Öffnung zurück, damals hat sich in der Wirtschaft niemand eingeengt gefühlt.

Welche Grenzen wollen Sie genau schließen?

Der meiste Menschenschmuggel läuft über Tschechien und die Slowakei, die Schlepper-Routen sind völlig unkontrolliert. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Österreich hat pro einer Million Einwohner 1750 Asylanträge, Tschechien hat ganze 70. Die kommen alle zu uns.

Das Asylthema werden Sie demnach im Wahlkampf auch trommeln.

Das ist ein ganz entscheidendes Thema. Das jetzige Asylsystem hat nichts mehr mit einem befristeten Asyl für politisch Verfolgte zu tun, wie wir es Kommunismus-Flüchtlingen aus Polen, Ungarn oder Tschechien bereitwillig gewährt haben. Die Flüchtlinge heute sind meist Wirtschaftsflüchtlinge und Opfer von Versprechungen, die Schlepper machen. "Niemand kommt ungeschleppt", hat der Leiter des Erstaufnahmezentrums Traiskirchen gesagt.

Sie prangern wie alle anderen Parteien die Spekulation der ÖVP an. Diese sei nicht sehr innovativ und darüber hinaus kompliziert, lautet Ihre Kritik.

Wir müssen klar zeigen, was sich in NÖ abgespielt hat und dass die ÖVP nicht wirtschaften kann. Sie hat sichere Rückflüsse aus Wohnbaudarlehen verkauft und damit spekuliert. Und sie ist damit voll auf die Nase gefallen.

Sie sind zehnfache Mutter, damit sind Sie eine Ausnahme. Sehen Sie ein, dass es Zuwanderung braucht, damit Österreich nicht schrumpft?

Das ist völlig illusorisch, dass Zuwanderung die demografischen Probleme löst. Es wandern ja keine Säuglinge zu. Der Effekt ist marginal.

Stört Sie weitere Zuwanderung?

Ja, es ist genug. Schauen Sie sich die Probleme durch mangelnde Integration in den Ballungszentren an. Die sollten wir einmal abarbeiten.

Zu Ihrer Partei: Wie kommt es dazu, dass in Gmünd kurz vor der Wahl der gesamte Bezirksvorstand zurückgetreten ist?

Es kann bei einer Listenerstellung immer passieren, dass jemand unzufrieden ist. Uns geht es besser als der ÖVP, bei der mit den Gabmanns oder Prokops ganze Familien zu anderen Listen wechseln.

Treten Sie bei der nächsten Bundespräsidentenwahl wieder an?

Ich beschäftige mich mit Niederösterreich.

Hat Ihnen das damals Spaß gemacht?Die Kandidatur war anstrengend.

Wegen der Diskussionen über das NS-Verbotsgesetz? Lehnen Sie es weiter ab?

Ich habe das Gesetz nie abgelehnt und fordere hier auch keine Änderungen.

Zurück zum Anfang des Gesprächs, Ihre Assistentin sagt Frau Landesrat zu Ihnen. Ein Statement?

Es ist mir wurscht, ob sie Landesrätin oder Landesrat sagt.

Frau Landesrat, vielen Dank für das Interview.

Jetzt haben Sie es auch gesagt, Sie Chauvi.

Barbara Rosenkranz (54) ist in Niederösterreich Landesrätin für Baurecht und Tierschutz. 1993 zog sie als Abgeordnete in den Landtag ein, dem
sie zunächst bis 2002 angehörte. Dann wechselte sie in den Nationalrat. Bei der vorigen Landtagswahl 2008 verdoppelte sie als Spitzenkandidatin die FPÖ-Stimmen und wurde Landesrätin. 2010 erreichte sie bei der
Bundespräsidentenwahl gegen Heinz Fischer 15 Prozent. Sie ist mit Horst Rosenkranz verheiratet, mit dem sie sechs Töchter und vier Söhne hat.