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Sonde schwenkt in die Umlaufbahn ihres Zielkometen ein, Landung für November geplant.
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Darmstadt/Graz/Wien. Das Rendezvous hat geklappt: Die europäische Weltraumsonde "Rosetta" hat sich bis auf rund 100 Kilometer ihrem Zielkometen 67P/Tschurjumov-Gerasimenko angenähert und ist Mittwochmittag wie geplant auf ihre Umlaufbahn eingeschwenkt. "Es sieht ganz leicht aus. Aber wenn man die geballte Expertise bedenkt, die dafür nötig war, fühlt es sich an wie Weihnachten", sagte ein sichtlich erfreuter Jean-Jacques Dourdain, Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), der das Manöver vom Raumflugkontrollzentrum in Darmstadt aus live verfolgt hatte.
Rosetta ist die erste Welttraumsonde, die mit einem Kometen mitreisen wird. Am 2. März 2004 hob "Rosetta" an Bord einer "Ariane 5"-Rakete ab. Seitdem hat das robotergesteuerte Raumschiff 6,4 Milliarden Kilometer durchs All zurückgelegt. Nun soll es "Tschuri" begleiten und Ende des Jahres das Landegerät "Philae" dort absetzen - ein Manöver, das noch nie zuvor durchgeführt wurde.
Die Forscher erhoffen sich Informationen über die Anfänge des Sonnensystems. Kometen gelten als dessen Bausteine. Sie könnten Wasser und die ersten "Samen" für Leben zur Erde gebracht haben. Doch viele Grundfragen über die Himmelskörper sind offen. Rosetta soll ihnen Geheimnisse entlocken. "Die Sonde ist durchaus so ähnlich zu verstehen wie der Stein von Rosette, der es ermöglichte, die Hieroglyphen zu entschlüsseln", erklärt ESA-Projektleiter Matt Taylor.
Seit Mai haben die ESA-Experten verschiedene Manöver durchgeführt, um die Sonde an den Kometen und dessen Geschwindigkeit von 55.000 Stundenkilometer anzunähern. Am Mittwoch erfolgte das letzte Hauptbremsmanöver. In den kommenden Wochen sollen weitere kleinere Kurskorrekturen durchgeführt werden, damit die Sonde auf einer Umlaufbahn um den Kometen bleibt. Aufgrund dessen äußerst geringer Anziehungskraft ähnelt der Orbit nämlich einem Vieleck und muss immer wieder mit Schub aus den Steuerdüsen korrigiert werden.
Auch die Experten des Grazer Instituts für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, die an mehreren Instrumenten beteiligt sind, verfolgten das Manöver mit. "Jetzt geht es in die wirklich heiße Phase", sagte IWF-Direktor Wolfgang Baumjohann zur Austria Presse Agentur: "Wir haben mit den Geräten an Bord erste Tests gemacht und gehen davon aus, dass wir aussagekräftige Daten erhalten."
Bis zur für 11. November angesetzten Landung muss die Sonde die Oberfläche des nahezu unbekannten Kometen kartieren und einen geeigneten Landeplatz für "Philae" finden. Danach soll das Landegerät Proben von den obersten Schichten des Kerns entnehmen und analysieren. An Bord von "Rosetta" fliegt unter anderen das Instrument "Midas" mit, das unter der Federführung des IWF entwickelt wurde. Midas soll Mikro-Staubteilchen des Kometen einsammeln, mit einem Rasterkraftmikroskop abtasten, abbilden und statistisch auswerten. "Wir fangen damit an, wenn die laufenden Messungen uns zeigen, dass ausreichend viel Staubteilchen vorhanden sind. Wir schätzen, das wird im September sein, wenn wir 30 Kilometer vom Kometen entfernt sind", so Principal Investigator Mark Bentley. Die Staubteilchen können auf einige Nanometer genau gemessen werden.
"Rosetta" hat übrigens zuvor die Temperatur von "Tschuri" gemessen. Demnach liegt die durchschnittliche Oberflächentemperatur des Kometen bei minus 70 Grad Celsius. Daraus schließen die Experten, dass die Oberfläche überwiegend mit Staub bedeckt ist und nicht mit Eis, weil sonst die Temperatur niedriger wäre.