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Rot-Grün-Blau als "unheilige Allianz"

Von Walter Hämmerle

Politik

Khol: Der SPÖ ist für Machtwechsel jeder Partner recht. | Wrabetz soll "more of the same" bringen. | Pflege kein Thema für Wahlkampf. | "Wiener Zeitung": Bei der Wahl des neuen ORF-Generaldirektors ist die ÖVP mit ihrer Kandidatin gescheitert. Ein Schock für die Partei?


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Andreas Khol: Monika Lindner war eine sehr gute ORF-Chefin, und Werner Mück hat als Chefredakteur hohes Niveau in die Information gebracht. Aber: Die Wahl ist eine Wahl ist eine Wahl - und das müssen wir akzeptieren. Das Märchen von der Dominanz der ÖVP ist aber nun bloßgestellt. Und dass der SPÖ für einen Machtwechsel auch die FPÖ als Partner recht ist und die Grünen bei einer solchen unheiligen Allianz mitmachen, bringt Klarheit für die Zeit nach den Wahlen.

Wäre diese Niederlage vermeidbar gewesen, wenn man die Alarmsignale - die Rede Armin Wolfs oder die SOS-ORF-Initiative - rechtzeitig ernst genommen hätte?

Ich sehe das nicht als Niederlage. Die Alarmsignale haben sich als Kampagne herausgestellt. Eine ORF-Wahl hat immer eigene Gesetzmäßigkeiten.

Es war ausgerechnet der eigene Koalitionspartner, das BZÖ, der für die Mehrheit von Alexander Wrabetz gesorgt hat. Ein Vertrauensbruch mit Folgen?

Am Donnerstag haben Stiftungsräte, nicht Parteien entschieden. Der ORF war nicht Gegenstand von Koalitionsvereinbarungen.

Also keine Belastung für die weitere Zusammenarbeit?

Das wird man erst noch sehen. Ich habe das Ganze aber nur als Beobachter verfolgt, früher, als Klubobmann, war ich näher dran.

Was erwarten Sie sich vom neuen ORF-Generaldirektor?

Im Wesentlichen more of the same - und ich hoffe, dass das Niveau gehalten wird. Ich bin mit dem ORF zufrieden. Jedenfalls fallen mir sicher mehr Sendungen als Wrabetz ein, die ich im ORF gerne sehe oder höre. Ganz Ö1 ist etwa ein toller Radiosender; und alles, was Volkskultur betrifft, Sepp Forcher etwa oder "Mei liabste Weis", sind hervorragend. Das gilt auch für die zeitgeschichtlichen Reportagen oder Opern.

Sind Sie auch ein Fan des "Musikantenstadls"?

Mit Karl Moik gibt es den ja nicht mehr. Außerdem sage ich nicht, was mir nicht gefällt. Und selbst wenn ich den "Kommissar Rex" mit all den Dummheiten vergleiche, sind wir aus anderen Ländern importieren, sind sogar hier noch besser.

Stichwort Pflege: Die ÖVP will mit konkreten Lösungen bis nach der Wahl warten. Glauben Sie nicht, dass das die Wähler gerne schon vorher wissen würden?

Ich sehe das Pflegethema - und SPÖ-Seniorensprecher Blecha stimmt hier mit mir überein - nicht als einen Bereich, der für parteipolitische Auseinandersetzungen geeignet ist. Es gibt keinen Pflege- oder Versorgungsnotstand. Wir haben ein Problem, das wir uns durch die Problematisierung ausländischer Betreuungskräfte selbst geschaffen haben. Das muss man gesetzlich regeln. Das darf jedoch nicht dazu führen, generell den Arbeitsmarkt für Ausländer zu liberalisieren. Bei der Pflege und Betreung geht es um ein Bündel an Maßnahmen.

Es bleibt beim Nein der ÖVP zu einer gesetzlichen Pflegeversicherung?

Ja, weil diese zu einem Zweiklassen-System führen würde, da sich eine solche nicht jeder leisten könnte. Das derzeitige Pflegegeld behandelt alle gleich.

Auch beim Thema Entlastung vermeidet die ÖVP klare Aussagen.

Wir sagen klar: Abgabenquote deutlich unter 40 Prozent, Abschaffung von Erbschafts- und Schenkungssteuer, keine neuen Steuern.

Heißt das: Auch keine Erhöhung bestehender Steuern und gilt das auch für Abgaben und Selbstbehalte?

Es wird keine Gegenfinanzierung der kommenden Steuerreform durch Steuererhöhungen geben, das wird durch Einsparungen und Wirtschaftswachstum geschehen. Derzeit haben wir ein Wachstum von drei Prozent . . .

...das hängst allerdings stark von der internationalen Konjunktur ab.

Es kann nicht sein, dass bei niedrigem Wachstum die Regierung, bei gutem aber das internationale Umfeld schuld ist. Hier muss man sich schon einmal entscheiden. Was Selbstbehalte angeht, so ist das Sache der Sozialversicherungen.

Mit welchen weiteren Themen will die ÖVP in den Wahlkampf gehen?

Mit persönlicher Sicherheit, dem Wirtschaftsstandort, der Weitergestaltung des differnzierten Schulsystems und natürlich mit der Warnung vor Rot-Grün. Die ORF-Wahl hat gezeigt: Wer Schüssel als Kanzler will, muss ihn auch wählen. Es verbünden sich alle, wenn es gegen die ÖVP geht - und da heiligt für viele der Zweck auch die Mittel.