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Rot-Grün in Wien

Von Alexander Van der Bellen

Gastkommentare

Der SPÖ ist in Wien viel zuzutrauen - aber keine Koalition mit der FPÖ. Sie wird sich entscheiden müssen: Wieder eine Koalition mit der Wiener ÖVP sprich Wirtschaftskammer, oder etwas Neues?


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Kann ja sein, dass Bürgermeister Michael Häupl bei der Wahl am 10. Oktober die Absolute für die Wiener SPÖ halten kann. Was ist schon undenkbar in der Politik? Sehr wahrscheinlich ist es aber nicht. Dann kann die Devise nur lauten: Rot-Grün in Wien! Im Interesse beider Parteien, im Interesse aller grün-sozial-liberalen Wählerinnen und Wähler, im Interesse einer Erneuerung der Haupt- und Großstadt Wien.

Die FPÖ wird zulegen. Die 15 Prozent vom letzten Mal kann sie kaum unterbieten, auch wenn man sich das wünscht. Aber mitzureden wird sie nichts haben. Der Wiener SPÖ traue ich viel zu, vor allem Langeweile und Reformunwillen, aber eine Koalition mit der FPÖ - nein. Die jetzige FPÖ ist aus den Wiener Rechtsaußen-Ablegern der früheren Haider-FPÖ entstanden, die Wiener SPÖ muss Johann Gudenus und Konsorten zur Genüge kennen. Auch nach der Wahl werden die Freiheitlichen halt weiter herumnörgeln und ihre Ressentiments pflegen.

Die SPÖ aber wird sich entscheiden müssen: Wieder eine Koalition mit der Wiener ÖVP sprich Wirtschaftskammer - gähn, gähn! -, oder etwas Neues für die Bundeshauptstadt und einzige Großstadt Österreichs: Rot-Grün!

Die Wiener Grünen sind mit Maria Vassilakou gut aufgestellt und rundum erneuert seit der Kandidatenwahl im Herbst 2009. Vereinzelte Bezirksquerelen ändern daran nichts. Die SPÖ aber ist spätestens seit Werner Faymanns Kniefall vor der "Krone" intellektuell und emotionell ausgeblutet; sie muss auch im Hinblick auf die nächsten Nationalratswahlen versuchen, wieder interessanter zu werden. Denn strategisch kann die SPÖ ihre Koalitionsoptionen doch nicht ewig auf die ÖVP beschränken, sie muss doch versuchen, aus dem schwarz-roten Ghetto auszubrechen. Die ÖVP nähert sich den Grünen immer wieder - etwa in Oberösterreich, Graz und Bregenz. Die SPÖ macht das Gegenteil, beschwert sich aber zugleich, wie schwer ihr die ÖVP das Leben macht. Rot-Schwarz in Wien wäre Harakiri mit Anlauf (für die SPÖ).

Als ich vor kurzem in Brüssel war, hing ein riesiges Transparent an einem der EU-Gebäude: "Stockholm - The Green Capital". Grün ist "in". Green Technology, Clean Energy, grüne Wachstumsmärkte mit grünen zusätzlichen Arbeitsplätzen - es wird Zeit, dass auch Wien sich seiner Chancen bewusst wird.

"Vienna - The Redgreen Capital". Das wär doch was. In Kindergärten, Schulen und Sprachkompetenzen investieren. Dafür sorgen, dass niemand durchs soziale Netz fällt. Die Lebensqualität in Wien weiter verbessern. Und akzeptieren, dass Wien eine Zuwanderungsstadt ist und bleibt - mit allen Herausforderungen, die das mit sich bringt. Per saldo ist das jedenfalls besser, als eine Abwanderungsstadt zu sein . . . Vibrieren soll sie, die Stadt, und neben Sympathisch-Provinziellem mehr Aufreger bieten. Wien, Wien, nur du allein . . . ; ja, eh. Und außerdem: Großstadt. Rot-grüne Hauptstadt.

Alexander Van der Bellen ist Abgeordneter der Grünen im Nationalrat.