Am Montag soll feststehen, ob es in Wien eine rot-grüne Koalition geben wird.
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Wien. Die rot-grünen Koalitionsverhandlungen neigen sich dem Ende zu. Die Gespräche der neun Untergruppen stehen vor dem Abschluss, die noch nicht ausdiskutierten Punkte übernehmen nun die Chefverhandler. Neben SPÖ-Chef und Bürgermeister Michael Häupl sind das auf roter Seite Landesparteisekretär Georg Niedermühlbichler, Klubchef Rudi Schicker und Vizebürgermeisterin Renate Brauner. Das grüne Verhandlungsteam besteht aus Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou, Klubchef David Ellensohn, dessen Stellvertreterin Jennifer Kickert, Landessprecher Georg Prack, Gemeinderat Martin Margulies und Landesgeschäftsführerin Angela Stoytchev - sie sind gegenüber der SPÖ also um zwei Personen in der Überzahl.
Laut Rathausinsidern soll es bereits einen Termin für den Verhandlungsabschluss geben. Demnach dürfte am Montagabend, dem 9. November, feststehen, ob es eine rot-grüne Koalitionsfortsetzung in Wien geben wird. Sollten sich die beiden Parteien für eine weitere Zusammenarbeit entscheiden, würde man noch bis zum kommenden Donnerstag, 12. November, an den letzten Details feilen. Die Inhalte will man der Öffentlichkeit am selben Tag oder spätestens einen Tag später präsentieren, heißt es.
Inseratenbudget und Lobau-Tunnel
Bis dahin feilschen die Chefverhandler um heikle Inhalte wie beispielsweise konkrete Postenaufteilungen und Ressortumschichtungen. Im Gegensatz zu den ersten rot-grünen Koalitonsgesprächen vor fünf Jahren dürften die Vorstellungen der beiden Parteien dieses Mal weiter auseinander liegen. So sollen die Grünen einen Geschäftsführer in der Wirtschaftsagentur und einen Vorstandposten in der Wien Holding fordern. Außerdem will die Partei um Maria Vassilakou mehr Einfluss auf die Wiener Linien und auf die Verhandlungen mit den ÖBB haben. Dinge wie Busplanung oder Intervalltaktung unterliegen derzeit der SPÖ. Vertreten wollen die Grünen auch im Verkehrsverbund Ost-Region (VOR) sein. Derzeit sitzen in dem bundesländerübergreifenden Gremium nur Vertreter der SPÖ und des ÖVP-Wirtschaftsbundes.
Chefsache sind auch die Themen Inseratenbudget der Stadt, das die Grünen im Gegensatz zu den Roten halbieren wollen, und der Lobau-Tunnel. Diesen will die SPÖ unbedingt bauen, während er für die Grünen auf keinen Fall infrage kommt.
Rotes "Geheimtreffen"mit der ÖVP
Weiters wollen die Grünen auch ein neues Wahlrecht, das größere Parteien nicht mehr bevorzugt. Ein Knackpunkt dürfte auch die Vergabe der Stadtratsposten sein. Laut den Proporzregeln der Stadt wird die SPÖ aufgrund der Zugewinne der FPÖ nur noch über sechs statt sieben Stadträte verfügen. Es ist daher sehr unwahrscheinlich, dass die Roten einen weiteren Stadtrat an die Grünen abtreten und damit der Forderung ihres Verhandlungspartners nachkommen werden. Möglich wäre allerdings, dass die Grünen, statt eines zweiten Stadtrats, den Vizebürgermeister bekommen. Damit würden die Roten diesen Posten aber ganz aufgeben. Der zweite laut Stadtverfassung vorgesehene Titel wanderte bekanntlich an die Freiheitlichen.
Zuletzt signalisierte die SPÖ, dass eine rot-grüne Koalition nicht in Stein gemeißelt ist. So traf Michael Häupl am Donnerstag ÖVP-Chef Gernot Blümel in dessen Büro zu einem halbstündigen Vieraugengespräch. Von SPÖ- und ÖVP-Seite wollte man dazu auf Nachfrage der "Wiener Zeitung" keine nähere Auskunft geben. Das von den Roten an die Medien kommunzierte "Geheimtreffen" sollte wahrscheinlich für Verunsicherung bei den Grünen sorgen. Diese lassen sich aber nicht beirren. Sie gehen weiter von einer Neuauflage der rot-grünen Koalition aus.
Ein positives Verhandlungsergebnis würden sie bei der Landesversammlung, Samstag, 14. November der Basis zur Abstimmung vorlegen. Bei der SPÖ trifft man sich zwei Tage später am Montag, 16. November, im Wiener Ausschuss, dem größten Gremium der Partei, um ein mögliches Koalitionspapier absegnen zu lassen. Sollte das Prozedere so wie bei der rot-grünen Premiere 2010 ablaufen, könnte im Anschluss die offizielle Unterzeichnung des Regierungspakts sowie die Präsentation der künftigen Regierungsmannschaft erfolgen.