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Rot oder röter?

Von Christian Rösner

Politik

Die Wiener SPÖ wählt morgen ihren neuen Landesparteivorsitzenden. Es geht aber nicht nur um die Kandidaten, sondern vor allem um die Entscheidung, auf welche Weise die Partei künftig ihre Wählerstimmen maximieren kann. Eine Analyse.


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Wien. Die gesamte Wiener Sozialdemokratie wartet auf den morgigen Samstag. Denn an diesem Tag sollen die Weichen für die Zukunft gestellt werden. Michael Häupl legt nach 24 Jahren den Parteivorsitz zurück und macht Platz. Entweder für Michael Ludwig oder Andreas Schieder.

Und das wiederum bedeutet eine Richtungsentscheidung der Partei, eine Kursorientierung, wie die Partei künftig Wählerstimmen maximieren kann. Denn das ist der eigentliche Kern des Konflikts, der in den vergangenen Jahren die tiefen Gräben in die Wiener Sozialdemokratie gerissen hat. Unterstützt durch das Nichthandeln des noch amtierenden Parteivorsitzenden.

Vereinfacht heißt das: Mit Schieder, der versucht, sich von allem abzugrenzen, was nicht rot oder grün ist, würde Häupls eingeschlagener Weg unter Ausnutzung des Feindbildes der türkis-blauen Bundesregierung fortgesetzt. Mit Ludwig, der stets bemüht war, sich offen zu zeigen und sich politisch auf nichts festlegen zu lassen, würde die Beständigkeit unterbrochen und zumindest die Chance für neue Konzepte geschaffen werden.

So wartet also nicht nur die Sozialdemokratie auf die Entscheidung am Samstag. Auch der grüne Koalitionspartner schaut gespannt zu, ob die SPÖ mit einem Andreas Schieder an der Spitze im Wahljahr 2020 Stimmen von den Grünen abziehen wird. Oder ob die SPÖ mit Michael Ludwig an der Spitze die Angel im Teich der FPÖ-Wähler auswirft. Was die Mehrheitsverhältnisse der Wiener Parteien betrifft, gibt es im letzteren Segment sicherlich mehr für die SPÖ zu holen. Dieser Logik folgend, muss der FPÖ wiederum ein SPÖ-Chef Schieder lieber sein als ein SPÖ-Chef Ludwig: Erstens, weil Ludwig sie Stimmen kosten würde und zweitens, weil er - so wie auch Schieder - an einer Koalition mit den Blauen nicht interessiert wäre. Anders bei der ÖVP, bei der Ludwig eine mögliche Koalition nach 2020 nicht ausschließt - im Gegensatz zu Schieder; zumindest was die derzeitigen Player innerhalb der Wiener ÖVP betrifft.

Umbau der Stadtregierung

Letztlich wird es aber - egal, wie die Sache am Samstag ausgeht - für die Partei überlebensnotwendig sein, dass die Verliererseite ihre Niederlage demütig eingesteht und sich hinter den neuen Vorsitzenden stellt. Andernfalls könnte Wien im Wahljahr 2020 sehr viel von seiner roten Farbe einbüßen.

Es steht also viel auf dem Spiel. Und dessen dürften sich die Genossen auch bewusst sein, denn die befürchtete Schlammschlacht vor dem Parteitag ist ausgeblieben. Wie es nachher weitergeht, darüber wird noch spekuliert. Vorerst wird der neue Parteivorsitzende jedenfalls nur in der Löwelstraße Veränderungen vornehmen können. Dass sich ein Parteichef einen Landessparteisekretär seines Vertrauens suchen wird, scheint klar. Somit wird Sybille Straubinger in dieser Position vermutlich bald Geschichte sein.

Was den Team-Umbau in der Stadtregierung anbelangt, muss der neue Parteichef darauf warten, bis er auch zum Bürgermeister gekürt wurde. Spekuliert wird unterdessen auch, dass - unabhängig vom Ausgang der SPÖ-Wahl am Samstag - bei den Grünen Planungs- und Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou ihren Sessel räumen könnte.

Ressorttausch

Und zwar noch vor der Wahl 2020 - auch als eigener grüner "Befreiungsschlag": Zu unbeliebt sei sie in den Flächenbezirken. Zu groß sei der Druck auf sie, was den Lobautunnel oder das Projekt am Heumarkt betrifft, heißt es. Hier wäre vonseiten der Grünen sogar ein Tausch mit dem eventuell frei werdenden Wohnressort denkbar - ob mit oder ohne Vassilakou. Unter Ludwig als Parteichef und Bürgermeister würde wohl auch das Finanzressort frei werden sowie eventuell das Gesundheitsressort - und die Position des Landtagspräsidenten. Dass Schieder ebenso etwas verändern müsste, ist vorhersehbar - die Frage ist nur, ob er es schafft, jene auszutauschen, die ihn aufgebaut haben. Denn für beide Kandidaten gilt es, die Partei wieder zu einen. Dass das mit gezwungener Beständigkeit nicht funktioniert, hat bereits Häupl deutlich bewiesen.

Start 9 Uhr in der Messe Wien

Der Parteitag startet am Samstag in der Messe Wien um 9 Uhr mit Reden von Bundesparteichef Christian Kern und Michael Häupl. Danach kommen die Statements der Kandidaten plus einer Diskussion zu den Referaten. Nach den Berichten der Mandatsprüfungskommission und der Wahlkommission erfolgt dann die Neuwahl des Vorsitzenden sowie die anschließende Bekanntgabe des Wahlergebnisses.