Investitionen in Umweltschutz und öffentlichen Verkehr werden Schwerpunkt im Koalitionspakt der neuen Stadtregierung, Neos erhalten Bildungsstadtrat. Ganztagsschulen werden ausgebaut, es soll mehr Geld für "Brennpunktschulen" geben.
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SPÖ und Neos haben die Arbeit in den acht Untergruppen für einen Koalitionspakt für die künftige Wiener Stadtregierung beendet. Jetzt sind die Chefverhandler der beiden Parteien am Zug, um bis zum Dienstag die Feinabstimmung vorzunehmen. Schwerpunkte des rot-pinken Koalitionsabkommens für die kommenden fünf Jahre in Wien stehen "auf der Zielgeraden" bereits fest, wie der "Wiener Zeitung" in beiden Parteien bestätigt wurde, auch wenn, was Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und den Wiens Neos-Chef Christoph Wiederkehr wichtig war, inhaltlich offiziell nichts preisgegeben wird.
Fixpunkt ist demnach ein besonderes umfangreiches Wirtschafts- und Investitionspaket, dazu zählt ein besonderer Schwerpunkt bei Klimaschutzmaßnahmen. Schwerpunkt wird außerdem der Bildungsbereich mit der Fortsetzung des Ausbaus von Ganztagsschulen und sogenannten "Brennpunktschulen" mit vielen Schülern, die aus sozial schwachen Familien kommen, sein. Wiederkehr gilt als Fixstarter für das Amt des Bildungsstadtrates und Vizebürgermeisters.
Fest steht der weitere zeitliche Ablauf bis Dienstag. Über das Wochenende und am Montag werden beim Endspurt von den Chefverhandlungen jene Punkte geklärt, auf die sich SPÖ und Neos in den Untergruppen noch nicht verständigt haben. Am 17. November werden dann in beiden Parteien die Gremien über den rot-pinken Stadtregierungspakt entscheiden und abstimmen. Die entscheidenden Sitzungen werden dabei parallel am Dienstagnachmittag stattfinden. In der SPÖ tagt als oberste Instanz der Wiener Ausschuss, zuvor bereits das Wiener SPÖ-Präsidium und der Wiener Landesparteivorstand. Bei den Neos berät die Landesmitgliederversammlung, dem die Eckpunkte des Regierungspakts zur Abstimmung vorgelegt werden. Anschließend ist die gemeinsame Präsentation des Koalitionspakts von SPÖ und Neos vorgesehen. Die Konstituierende Sitzung des Gemeinderats ist für 24. November vorgesehen.
Inhaltlich ist den künftigen Regierungspartner vor allem das Klimapaket wichtig. Denn damit wollen SPÖ und Neos vor vorneherein Kritik vor allem von Seiten der Wiener Grünen begegnen, dass Umweltschutz und Klimamaßnahmen in einer rot-pinken Stadtregierung nach zehn Jahren grüner Regierungsbeteiligung unter die Räder kommen. Zu diesem Klimapaket gehört vor allem auch der weitere Ausbau des öffentlichen Verkehrs, wobei manche Projekte wie der U-Bahnausbau ohnehin bereits auf Schiene sind.
Grenzen für Privatisierung
Vorgesehen ist ein Investitionspaket für Klimaschutz, um Schadstoffemissionen zu reduzieren. Wien soll damit als Klimamusterstadt propagiert werden. Damit treffen sich SPÖ und Neos bei ihren Anliegen, beiden liegt gerade angesichts des Wirtschaftseinbruchs wegen der Corona-Epidemie nun die Ankurbelung der Wirtschaft mit zusätzlichen Investitionen am Herzen. Unter anderem ist auch vorgesehen, dass die Joboffensive der Stadt für Personen der Generation 50-plus nicht nur fortgesetzt wird. Bisher gab es dabei Beschäftigung für 1000 Personen, diese Zahl soll auf 2000 Personen ausgeweitet werden.
Ausdrücklich soll auch festgehalten werden, dass im Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge Dienstleistungen wie die Wasserversorgung nicht privatisiert werden. Damit sollen vor allem jene Politiker und Funktionäre in der SPÖ, die einer Koalition mit den "Neoliberalen" skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen, vor dem Start der neuen Stadtregierung beruht werden. Hintergrund dafür ist, dass im Vorfeld der EU-Wahl 2014 Überlegungen bei den Neos über eine "Privatisierung" des Wasser hohe Wellen geschlagen haben.
Viele Berührungspunkte zwischen SPÖ und Neos gibt es auch im Bildungsbereich. Atmosphärisch war es zwar so, wie zu erfahren war, dass der amtierende Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky mit den Entwicklungen im Schulbereich zufrieden war und keine wirkliche Notwendigkeit gesehen habe, Änderungen vorzunehmen. Fix ist daher, dass der von der SPÖ bereits im Vorfeld der Gemeinderatswahl im Oktober vorangetriebene Ausbau der verschränkten Ganztagsschulen, bei denen Unterricht und Freizeitphasen sich abwechseln, und die Errichtung von Campus-Standorten mit Kindergärten und Schulen fortgesetzt werden. Den Neos sind verstärkte Aktivitäten in jenen Schulen, in denen die Schüler aus bildungsferneren Schichten und Familien mit Migrationshintergrund kommen, wichtig. Für derartige "Brennpunktschulen" sollen zusätzliche Mittel zur Verfügung stehen. SPÖ und Neos wollen damit auch auf den Umstand reagieren, dass von der schwarz-blauen Bundesregierung bei Stützlehrerin gebremst worden ist. Gut die Hälfte der 242.000 Schulkinder in Wien hat im Durchschnitt Deutsch nicht als Muttersprache, in den Mittelschulen sind es 75 Prozent.
Heinrich Himmer will bleiben
Den Neos ist es auch unter der jetzigen Bundesparteichefin Beate Meinl-Reisinger, die aus der Bundeshauptstadt kommt, ein spezielles Anliegen, dass kein Kind "zurückgelassen" werden darf. In der Stadtregierung sollen sie daher mit Christoph Wiederkehr den Bildungsstadtrat stellen, auch wenn in beiden Parteien betont wird, dass Personalfragen erst am Ende der Koalitionsverhandlungen am Dienstag endgültig entschieden werden. Interessant ist, dass bis 29. Oktober die Ausschreibung für die nächste fünfjährige Amtsperiode des Wiener Bildungsdirektors erfolgt ist. Der amtierende Bildungsdirektor Heinrich Himmer hat sich wieder beworben. Die künftige Besetzung werde Teil der Absprache zwischen Ludwig und Wiederkehr sein, heißt es.
Im Bereich der Integration von ausländischen Zuwanderern nach Wien sollen die Anliegen beider künftigen Regierungspartner unter einen Hut gebracht werden. Dazu gehören spezielle Bemühungen zur Integration von Frauen und Müttern, aber auch im Schulbereich. Andererseits möchte die SPÖ, allen voran Bürgermeister Ludwig, auch sichergestellt wissen, dass verstärkten Anstrengungen um Integration auch die Einhaltung von Regeln durch die Betroffenen entgegensteht. Damit möchte die SPÖ sicherstellen, dass besonders in den Flächenbezirken wie Favoriten, Simmering, aber auch in der Leopoldstadt oder der Brigittenau mit vielen Zuwanderern aus dem Ausland, in denen in den Gemeindebauten viele Bewohner vor allem 2015 die FPÖ gewählt haben, künftig nicht den Freiheitlichen zugetrieben werden. In diesem Zusammenhang ist auch geplant, dass angesichts steigender Mieten verstärkt geförderte Wohnungen angeboten werden.
Parteienförderung heikel
Für die Neos besonders wichtig sind verstärkte Aktivitäten zur Steigerung der Transparenz beim Umgang mit öffentlichen Steuermitteln. Das soll mit mehr Einblick in stadtnahe Vereine gewährleistet werden. Ein heikler Punkt wartet noch auf die Chefverhandler: Dabei geht es um die Höhe der künftigen Parteienförderung, die von der pinken Partei bisher stets besonders scharf kritisiert worden ist.
Vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten rund um die Corona-Krise will die künftige rot-pinke Stadtregierung auch ganz klar dokumentieren, dass ihr eine umfassende Gesundheitsversorgung der sich der Zwei-Millionen-Marke nähernden Wiener Bevölkerung ein besonderes Anliegen ist. Das bedeutet neben der Versorgung in den Spitälern auch ausreichend Personal in den Krankenhäusern und vor allem auch in Pflegeberufen und mobilen Pflegeeinrichtungen, damit der Druck, sich in Spitälern behandeln zu lassen, nicht zunimmt.