Stadträtin Edlinger fordert Parteichef Riedler heraus. | Inhaltlich auf einer Linie, aber Streit um Oppositionskurs. | Am Freitag endet für einen der beiden die politische Karriere. | Wien/Graz. Als die SPÖ vor fünf Jahren den steirischen Landeshauptmannsessel erobern konnte, trug nicht wenig dazu bei, dass man mit 33 Prozent klare Nummer eins in Graz wurde. Im Jahr darauf kam man bei der Nationalratswahl immerhin noch auf 30 Prozent. Doch schon zwei Jahre später war es vorbei mit der roten Glückseligkeit in der steirischen Landeshauptstadt. Bei der Gemeinderatswahl 2008 fiel man von 26 auf unter 20, bei der Nationalratswahl im selben Jahr von 30 auf 23 Prozent.
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Will Franz Voves sein Amt als Landeshauptmann verteidigen, braucht er in Graz ein ordentliches Ergebnis. Dass dies gelingt, ist derzeit allerdings eher unwahrscheinlich (auch wenn SPÖ-Umfragen Gegenteiliges behaupten). In der Stadtpartei tobt derzeit nämlich ein heftiger Kampf um die Führung.
Vor zwei Jahren, als die Grazer SPÖ am Boden lag, wurde Gesundheits- und Kulturstadtrat Wolfgang Riedler zum neuen Parteichef. Seither versucht der heute 50-Jährige, die Partei wieder aufzubauen. Seiner Stellvertreterin, Frauenstadträtin Elke Edlinger, geht das allerdings nicht schnell genug. Daher will sie beim Stadtparteitag am Freitag Riedler in einer Kampfabstimmung vom Thron stoßen.
Viel Porzellan zerschlagen
Im Zuge des Führungsstreits wurde in den vergangenen Wochen offensichtlich dermaßen viel Porzellan zerschlagen, dass feststeht, dass für einen der beiden Kontrahenten die politische Karriere in der Grazer SPÖ am Freitag endet. "Wenn Riedler gewinnt, ist es für mich selbstverständlich, dass ich nicht mehr als Stadträtin arbeite - dasselbe erwarte ich mir vice versa", sagt Edlinger zur "Wiener Zeitung".
Inhaltlich sind die 39-Jährige und ihr Noch-Parteichef auf einer Linie. Was Edlinger an Riedler stört, ist sein Oppositionskurs: Zu wenig kantig, zu wenig Konturen und zu wenig Klarheit. "Wir sind für die Grazer zu wenig spürbar", sagt sie und fordert "mehr direkten Kontakt zu den Leuten".
Diese Vorwürfe sind für Riedler "nicht nachvollziehbar". Seine Politik sei prononciert genug, "schließlich sind wir nicht dazu da, ein öffentlich finanziertes Theater aufzuführen". Die Wähler würden nicht die bessere Show wählen, sonder die Lösungskompetenz.
Den Vorwurf, dass er zu wenig kantig sei, bezeichnet Riedler als "Plattitüde". Wann immer es darum gehe, jemanden zu kritisieren, komme der "Folklorevorwurf" der fehlenden Kanten.
"Überrascht, aber nicht enttäuscht"
Dass seine Stellvertreterin gegen ihn ins Feld zieht, habe ihn zwar überrascht, enttäuscht sei er aber nicht, so Riedler. "Das ist für mich keine emotionale Frage." Gedanken über seine Zukunft mache er sich keine. "Aber ich will meinen politischen Weg weitergehen."
Dass der Führungsstreit in der Grazer SPÖ der Landespartei bei den Landtagswahlen im Herbst schaden könnte, glauben übrigens beide nicht. "So sehen die Leute, dass sich in der SPÖ etwas bewegt", meint Edlinger. Riedler geht davon aus, dass die Wähler "sehr wohl unterscheiden können, ob sie den Landtag, den Gemeinderat oder sonst etwas wählen".
In ihrem Ziel für die Herbstwahl sind sich Edlinger und Riedler übrigens einig: "Vor der ÖVP sein."