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Rot und Schwarz wollen weiter reden

Von Walter Hämmerle

Politik

Zweistündiges Treffen brachte keinen Durchbruch. | Gusenbauer: "Die Lage ist besser als zuvor." | Schüssel: "Unsere Position ist unverändert." | Wien. "Ist es diesmal ernst?" Wieder war für einige Sekunden Hektik unter den gut 50 am späten Freitagnachmittag vor dem Kanzler-Zimmer im Parlament wartenden Journalisten ausgebrochen, weil einige Anzeichen zu erkennen glaubten, das rot-schwarze Gipfeltreffen sei endlich zu Ende. SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer und ÖVP-Obmann Wolfgang Schüssel diskutierten bereits mehr als eineinhalb Stunden unter vier Augen und hinter verschlossenen Türen, um doch noch einen Ausweg aus der verfahrenen Koalitionssituation zu finden.


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Vor Beginn hatte es geheißen, das Gespräch sei ein "allerletzter Versuch", ein Scheitern der Verhandlungen über die Bildung einer großen Koalition abzuwenden. Die Chancen dafür wurden allgemein als gering eingeschätzt - zu sehr hatten sich zuvor beide Parteien in ihren Positionen einzementiert. Die ÖVP schloss kategorisch Regierungsverhandlungen mit der SPÖ aus, so lange die Untersuchungsausschüsse zu Eurofightern und Bankgeschäften arbeiten. Ihr Kompromissangebot lautete, die Untersuchungsausschüsse bis Mitte Dezember abzuschließen und dann über eine Regierungskoalition zu verhandeln. Das wiederum war für die SPÖ nicht akzeptabel.

Am Freitag ging Gusenbauer nun mit dem Vorschlag in das Treffen, die Regierungsverhandlungen in den kommenden drei Wochen - also bis etwa Mitte Dezember - zu einem positiven Abschluss zu bringen, da die Ausschüsse bis dahin ohnehin mit Aktenstudium und Dokumentesammeln beschäftigt seien und erste Einvernahmen somit erst stattfinden könnten, wenn die Koalition bereits ausverhandelt sei.

Gut zwei Stunden später traten Gusenbauer und Schüssel getrennt vor die Medien. Als erster war der SPÖ-Vorsitzende an der Reihe. Er sprach von einen "konstruktiven, sachlichen und korrekten Gespräch" und meinte, "die Lage ist besser als zuvor".

Unmittelbar nach Gusenbauer schilderte Schüssel seine Sicht der Dinge - und der ÖVP-Chef stellte klipp und klar fest: "Unsere Position ist unverändert." Damit kommen für die Volkspartei Regierungsverhandlungen nicht in Frage, bevor die Arbeit der Untersuchungsausschüsse nicht beendet sind. Für Schüssel hat sich die SPÖ mit der Einsetzung der Ausschüsse dafür entschieden, "der Vergangenheit den Vorzug vor der Zukunft" zu geben.

Den Kompromissvorschlag Gusenbauers, die Regierungsverhandlungen bis Mitte Dezember abzuschließen und erst dann mit den Zeugeneinvernahmen in den Ausschüssen zu beginnen, beurteilt Schüssel äußerst skeptisch: "Wenn das so einfach wäre, hätte man ja gleich mit der Einsetzung der Ausschüsse warten können. Jetzt sind die Würfel gefallen." Ob die Aussichten auf eine Einigung mit der SPÖ größer oder kleiner geworden seien, wollte Schüssel nicht beurteilen. Der Absage von Bundespräsident Heinz Fischer an rasche Neuwahlen schloss sich auch der ÖVP-Chef an: Er sehe keinen vernünftigen Grund, weshalb die gerade erst gewählten 183 Nationalratsabgeordneten erneut gewählt werden sollten.

Wie es nun weiter geht: Anfang kommender Woche wollen SPÖ und ÖVP in ihren Gremien die auf dem Tisch liegenden Vorschläge beraten, zudem soll es weitere informelle Gespräche der beiden Parteichefs geben. Bis Mitte der Woche soll dann eine - nunmehr wirklich endgültige - Entscheidung über Fortsetzung oder Abbruch der derzeit unterbrochenen rot-schwarzen Regierungsverhandlungen getroffen werden.