Wie sich die Landtagswahlen auf die Nationalratswahl im Herbst auswirken.
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Zwei Bundesländer wählen. Und obwohl sich die Bundesparteien in die beiden Wahlkämpfe nicht besonders stark eingebracht haben, könnten die Entscheidungen in Niederösterreich und Kärnten sie doch einholen. Auch wenn die Meinungsforscher nicht mit absoluter Sicherheit vorhersagen können, ob in Kärnten Peter Kaiser (SPÖ) oder doch wieder Gerhard Dörfler (FPK) vorne liegen wird, so ist doch eines völlig klar: Frank Stronach und sein Team werden die großen Gewinner des Wahlsonntags sein. Sowohl in Niederösterreich als auch in Kärnten ist dem Team ein Einzug in den Landtag gewiss.
Damit wird Stronach "vom Medienphänomen zum Teil des politischen Systems", wie es Wolfgang Bachmayer, Geschäftsführer des Meinungsforschungsinstituts OGM formuliert. Das wiederum kann für die Landtagswahl in Salzburg, die vermutlich am 5. Mai stattfindet, aber auch für die Nationalratswahl im Herbst Folgen haben. Denn noch wagt sich kein Polit-Promi, der bundesweit für das Team Stronach antreten könnte, aus der Deckung. Aber nach einem eindrucksvollen Einstand am Sonntag könnte bei einem gewissen Herbert Paierl die Lust auf das politische Geschäft wieder wachgeküsst werden. Ein Einstieg des ehemaligen steirischen ÖVP-Wirtschaftslandesrats ist mit Sicherheit etwas, das sich die ÖVP nicht wünschen kann.
Vorläufig kann sich die Bundes-ÖVP aber noch getrost zurücklehnen und erste Reihe fußfrei die Wirkmacht der Landtagswahlen auf SPÖ und BZÖ beobachten. Denn weder ist die ÖVP-Vormacht in Niederösterreich gefährdet, noch rechnet jemand in Kärnten mit einem durchschlagenden Erfolg; sogar ein Verlust des Landesrats wäre angesichts der Voraussetzungen - immerhin wurde Ex-ÖVP-Chef Josef Martinz wegen Untreue zu fünfeinhalb Jahren Haft (noch nicht rechtskräftig) verurteilt - noch kein schlechtes Omen für den Herbst. Aber "der harte Kern der Kirchgänger und Teile der Bauernschaft müssten für zehn Prozent ausreichen", prognostiziert Bachmayer. Und das wiederum könnte für den Landesrat fast reichen.
Eine Achterbahnfahrt dürfte der Sonntag für die SPÖ werden: Zwar sind die Sozialdemokraten in Niederösterreich schon jetzt auf einem historischen Tief, das dürfte sich aber noch weiter eingraben. Es geht nämlich eher abwärts im Land unter der Enns. Der SPÖ droht im Osten das, was die ÖVP im Süden schon gewohnt ist: Das Abrutschen in die Bedeutungslosigkeit. Wenn Kaiser - entgegen allen Prognosen - in Kärnten nicht die Nummer eins wird, wird das die Laune der Genossen auf Bundesebene nicht heben. Und wenn dann noch - ebenfalls entgegen den Erwartungen - Gabi Burgstaller in Salzburg den Landeshauptfrau-Sessel abgeben muss, wird es endgültig eng. Dann müsste sich die SPÖ möglicherweise kurz vor der Wahl Anleihe beim steirischen Landeschef Franz Voves holen und gröbere Veränderungen vornehmen.
Gelingt Kaiser die Schubumkehr in Kärnten, hat die SPÖ eine glänzende Ausgangsposition für die Bundeswahl: Sie stellt dann nämlich - angenommen, Burgstaller bleibt - fünf Landeshauptleute. Das wäre ein absolutes Novum in der Geschichte Österreichs und Grund für hohe Erwartungen. Der Sonntag könnte für die SPÖ ein Tag großer Freude und schwerer Enttäuschung werden.
Eine Schicksalswahl steht dagegen BZÖ-Chef Josef Bucher ins Haus. Schafft er in Kärnten den Einzug in den Landtag nicht - in Niederösterreich tritt das orange Bündnis gar nicht erst an -, ist das BZÖ bundespolitisch tot.
Aber Bucher dürfte in Kärnten mit einem blauen Auge davonkommen. Ob ihm die Befreiung aus der Schlinge aber auch im Herbst gelingen wird, steht zu bezweifeln, denn immerhin hat er dann sicher mehr Konkurrenz zu erwarten: Neben dem BZÖ treten im Bund nämlich auch die Neos an. Sie werden mit Sicherheit einige Prozent holen, aber ein Einzug in das Hohe Haus wird für sie mit Matthias Strolz an der Spitze sicherlich kein Spaziergang. Daneben werden auch die Christen, KPÖ und Piraten ihr Glück versuchen. Gut möglich, dass keine dieser Kleinparteien den Einzug in den Nationalrat schaffen wird, aber eines könnte ihnen gelingen: Sie erreichen gemeinsam sieben bis neun Prozent - und dann tritt der Fall ein, dass ÖVP und SPÖ zwar die Stimmenmehrheit verlieren, durch die Mandate, die BZÖ, Neos, Christen, KPÖ, Piraten erreichen, aber trotzdem wieder eine Mandatsmehrheit erhalten. "Damit hätten wir ein Kuriosum: Die Parteien, die antreten, das System zu verändern, sichern am Ende den Systemerhalt", sagt Bachmayer.