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Beinahe zehn Jahre, von Ende 1979 bis 1989, versuchte die Rote Armee die Kontrolle über Afghanistan zu erlangen. Gelungen ist ihr das bekanntlich nicht. Neuere, kritischere Revisionen des Kriegsgeschehens dieser Jahre gehen sogar davon aus, dass die UdSSR nie mehr als 20 Prozent des afghanischen Staatsgebietes wirklich kontrolliert habe. Womit die Soldaten der einstigen Supermacht nicht fertig wurden, waren die afghanischen Guerillas, die sich "Mudschahedin", zu Deutsch "Gotteskrieger" nannten.
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Diese Kämpfer sind keineswegs eine geschlossenes Ganzes gewesen, vielmehr handelte es sich um etwa 30 unterschiedliche Gruppen: Geeint wurde sie durch die gemeinsame Ablehnung des von den Sowjets in Kabul installierten Regimes und durch eine Ideologie, deren Versatzstücke im Islam wurzelten.
Der Hauptgrund für das Scheitern der Roten Armee ist zuerst in den geografischen Gegebenheiten des Landes zu suchen. Afghanistans Topografie wird von steilen Gebirgszügen und engen Tälern dominiert. Ein Umstand, der das geschlossene Vorgehen größerer Einheiten schwierig bis unmöglich macht. So waren die Russen häufig gezwungen sich aufzuteilen und in verwundbaren kleineren Gruppen vorzurücken - auch der Kontakt zu den anderen Einheiten war dabei schwer aufrecht zu erhalten.
Obwohl die Sowjets anfänglich den Luftraum absolut kontrollierten, war der Gegener nur schwer auszumachen. Bodenflüge wurden ab dem Zeitpunkt zu einem gefährlichen Unterfangen, als die Guerilla von den USA "Stinger"-Abwehrraketen bezog. Darüber hinaus war es der Roten Armee während des gesamt Feldzuges nie gelungen, die militärische Initiative an sich zu reißen. Die ging stets von den Afghanen aus, die sich der sogenannten "hit and run"-Methode äußerst erfolgreich bedienten: Unter dieser Methode versteht man das plötzliche Auftauchen einiger Kämpfer, deren schnelles Zuschlagen und sofortiges Untertauchen. Offene Flächen überwand die Guerilla meist im Schutz der Nacht, unter Tags verbarg sie sich im Schatten steiler Felswände.
Truppe demoralisiert
Ein weiterer Faktor bei der Niederlage der UdSSR war, dass es die Muhajedin oftmals mit einem schlecht ausgebildeten und unmotivierten Gegner zu tun hatten. Bekannt ist, dass unter den Okkupationstruppen Drogenmissbrauch, Korruption, ethnische Spannungen und Rivalitäten zwischen verschiedenen Gruppierungen mehr die Regel als die Ausnahme war. Gewalttätige Übergriffe von Offizieren auf ihre Mannschaft sollen ebenfalls an der Tagesordnung gewesen sein.
Was der UdSSR ebenfalls schwer zu Schaffen machte, war, dass die Muhajedin auf eine schier unerschöpfliche Personalreserve zurückgreifen konnten: Vor allem aus den Flüchtlingslagern rund um das pakistanische Peshawar, wo schon während der 80-er Jahre 3,5 Millionen Flüchtlinge ein tristes Dasein fristeten, holte man sich ausreichend fanatisierte Gotteskrieger: Den Mudschahedin standen zeitweise 100.000 Mann zur Verfügung. Außerdem erhielten sie logistische und materielle Unterstützung aus Pakistan, das auch als neutraler "Sicherheithafen" für die Guerilla wertvolle Dienste leistete.