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Rote Linie bei Arbeitszeit

Von Brigitte Pechar

Politik
Rote Grundsätze gehen Foglar und Faymann im Kreisky-Zimmer leicht von den Lippen.
© Wenzel/BKA

Bundeskanzler und ÖGB-Boss: "Zwölf Stunden Arbeit schon jetzt möglich."


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Wien. Bei einem Treffen im historischen Kreisky-Zimmer im Bundeskanzleramt am Donnerstag Abend zogen Bundeskanzler Werner Faymann und der Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB) eine rote Linie bei der Arbeitszeit. Damit reagierten sie auf den Vorstoß der ÖVP und der Wirtschaft, einen 12-Stunden-Tag leichter zu ermöglichen. "Mit mir als Bundeskanzler ist es nicht denkbar, die Gewerkschaft auszuschalten und ein neues Arbeitszeitgesetz ohne die Sozialpartner zu beschließen", betonte der SPÖ-Chef.

Beide verwiesen darauf, dass eine Überschreitung der Normalarbeitszeit schon jetzt möglich sei, aber als Ausnahme und nicht als Normalfall.

Bei Arbeitszeit kein Kuschelkurs mit Industrie

Tags zuvor hatte Faymann den Präsidenten der Industriellenvereinigung, Georg Kapsch, in denselben Räumlichkeiten getroffen und breite Einigkeit in Sachen Schulreform demonstriert. Diese Zweckallianz über ideologische Grenzen hinweg wird es bei der Arbeitszeit nicht geben. "Das ist schlicht 19. Jahrhundert und hat nichts mit einem modernen Arbeitsrecht zu tun", kommentierte Foglar den Wunsch von Kapsch, die tägliche Höchstarbeitszeit überhaupt abzuschaffen.

Die ÖVP hatte zuvor klargestellt, dass sie es nicht auf die Überstunden abgesehen habe, die bei einer höheren Normalarbeitszeit später anfallen, sondern auf die Höchstgrenze der Arbeitszeit. Doch dem schenkt Foglar keinen Glauben. "Es geht um die Normalarbeitszeit." Und er befürchtet, dass Arbeitszeitflexibilisierung häufig zur Rationalisierung - sprich zum Abbau von Arbeitsplätzen- genutzt werde.

Kanzler und ÖGB-Boss nützten die Gelegenheit, um noch eine weitere Klarstellung vorzunehmen: keine vorzeitige Anhebung des Frauenpensionsalters auf 65 Jahre. "Es muss endlich eine Ruhe sein mit dem ständigen Herumdoktern am Pensionssystem", sagte Foglar.

Als die Industrie wieder

die Seite wechselte

Am Freitag traf ÖVP-Chef und Vizekanzler Michael Spindelegger mit Kapsch zusammen und beide verdeutlichten ihre Wünsche zur Arbeitszeit. Spindelegger meinte bei einem Hintergrundgespräch, innerhalb der Woche solle die Arbeitszeit flexibler werden. Wenn im Betrieb ein Auftrag am Mittwoch fertig sein müsse, dann solle man am Montag und Dienstag länger arbeiten, am Donnerstag und Freitag dafür weniger. Es gehe dabei nicht darum, den Arbeitnehmern weniger Überstunden auszubezahlen. Er wolle auch nichts am Gesetz ändern. Die maximale Tagesarbeitszeit von 12 Stunden stehe schon im Gesetz. Ihm geht es um die Umsetzung in den Kollektivverträgen.

Kapsch will die Arbeitszeit nicht über Kollektivverträge flexibilisieren, sondern betrieblich regeln. Der IV-Präsident schlägt auch eine komplette Öffnung der möglichen Tageshöchst-Arbeitszeit vor, nicht allerdings der Normal-Arbeitszeit, wie er betont. Überstunden würden damit weiter ausbezahlt. Diese Forderung nach einer frei vereinbarten Tageshöchst-Arbeitszeit unterstützt Spindelegger allerdings nicht. Was der ÖVP-Chef vom tags zuvor beschlossenen Faymann-Kapsch-Pakt zur Bildung hält, ist von dem Treffen nicht überliefert.

Und was sagt Spindelegger zu den Sagern von Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl und Finanzministerin Maria Fekter, die den Wirtschaftsstandort am Tag davor als "abgesandelt" und "ramponiert" bezeichneten? Diese Wortwahl teile er nicht, sagte Spindelegger. "Österreich ist zwar nicht total schlecht, aber wir müssen etwas tun." Der Vizekanzler verwies ebenso wie Kapsch auf verschiedene internationale Rankings, in denen Österreich zurückgefallen sei.