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Rote "Mittelstandssteuer"?

Von Clemens Neuhold

Politik

Die SPÖ bekennt sich zum Steuermodell der Gewerkschaft. Das sieht viel niedrigere Steuerfreigrenzen vor als die rote "Millionärssteuer".


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Wien. Bundeskanzler und SPÖ-Obmann Werner Faymann will das von Gewerkschaft und Arbeiterkammer erarbeitete Konzept für eine Steuerreform in der Partei offiziell adaptieren. "Ich bin auch dafür, dass wir am Bundesparteitag dieses Modell beschließen, um zu zeigen, da passt kein Blatt Papier dazwischen", sagte er bei der SPÖ-Klubtagung am Montag. Im November stellt sich Faymann der Wiederwahl am Parteitag. Nach roten Wahlschlappen - wie zuletzt in Vorarlberg - und Funkenflügen zwischen Partei und Gewerkschaft sahen Beobachter bereits eine Wahlschlappe am Horizont und Faymann mittelfristig wackeln.

Was bedeutet nun das Auftreten von SPÖ und Gewerkschaft als siamesische Zwillinge in Steuerfragen? "Damit ist der Parteitag gerettet", sagt Meinungsforscher Peter Hajek. Denn durch die Verschränkung der Konzepte seien die Kritiker in der Gewerkschaft ruhiggestellt.

Der gar nicht so böseDetail-Teufel

1:1 wird die SPÖ das ÖGB-Modell aber nicht übernehmen können. Laut "Tiroler Tageszeitung" soll die klassische Vermögenssteuer auf Immobilien oder Finanzvermögen ab 700.000 Euro anfallen und bei Erbschaften ab 300.000 Euro. Beide zusammen sollen rund zwei Milliarden Euro einspielen, damit die Lohnsteuern entsprechend gesenkt werden können. Die SPÖ sprach in ihren Modellen bisher immer von einem Freibetrag von einer Million. Fällt diese Grenze nun?

Im Bundeskanzleramt weist man darauf hin, dass es beim präsentierten ÖGB-Modell nicht um solche Details gegangen sei. "Es geht um das Volumen und das Entlastungsmodell mit den entsprechenden Tarifstufen." Das heißt, die SPÖ wird die neuen Steuertarife und eine Entlastung um sechs Milliarden Euro mittragen - inklusive der zwei Milliarden Euro aus Vermögenssteuern, die diese Entlastung (gegen)finanzieren sollen.

Bei den Details der Vermögenssteuern werden aber einige Blätter zwischen ÖGB und SPÖ passen. Denn ihre Millionengrenze kann die Partei nicht aufgeben, damit würde sie den Angriffen von diversen Mittelstandsoffensiven ("Sie sagen Millionäre - und meinen uns!") Tür und Tor öffnen und deren politisches Sprachrohr ÖVP vollends vergrämen. Immerhin braucht die SPÖ den Koalitionspartner für einen Beschluss. Der Wirtschaftsflügel der ÖVP sträubt sich gegen jegliche Vermögenssteuern.

Magische Zahlengegen Mittelstandsängste

Der SPÖ-Freibetrag von einer Million ist als psychologische Barriere gegen Mittelstandsängste aufgebaut und wird wohl halten. "Es gibt keinen Grund, die Millionengrenze zu ändern", heißt es schon aus SPÖ-Kreisen. Auf zwei Milliarden will die SPÖ dennoch kommen. Wie?

Bei der Vermögenssteuer kein Problem. Hier stellt das ÖGB-Modell auf die Person ab, die SPÖ auf den Haushalt. Hier kann das ÖGB-Modell in manchen Fällen sogar später greifen.

Bei der Erbschaftsteuer kann die SPÖ mit höheren Steuersätzen ab einer Million Euro arbeiten. Denn die wirklich großen Vermögen ballen sich erst im zweistelligen Millionenbereich.

Ob Vermögenssteuer und Erbschaftsteuer sich am Ende überhaupt in einem Regierungs-Beschluss finden, steht auf einem ganz anderen Blatt Papier - wie sehr das dann zwischen Gewerkschaft und SPÖ passt, ebenso.