Hochschülerschaft rüstet sich für einen langen Kampf gegen Studienplatzfinanzierung. Die Studentenvertretung befürchtet eine allgemeine Zugangsbeschränkung an den Universitäten.
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Wien. "Er demontiert die Errungenschaften des freien Hochschulzugangs." So sieht die Pressesprecherin des VSStÖ (Verband sozialistischer StudentInnen), Gazal Sadeghi, den Schwenk von Bundeskanzler Christian Kern in der Frage der Studienplatzfinanzierung. Diese war bis zum "Plan A" des SPÖ-Vorsitzenden kein Thema in der SPÖ. Oder wenn, dann nur so, wie das auch der VSStÖ und der Großteil der ÖH heute noch sieht: Studienplatzfinanzierung ja, aber für alle, die studieren wollen. Was mit einer ständigen Ausweitung des Uni-Budgets oder einer ständigen Verschlechterung der ohnehin schon schlechten Betreuungsquoten an den Universitäten verbunden wäre.
Nun haben sich SPÖ und ÖVP im überarbeiteten Regierungsprogramm darauf verständigt, im Juni ein Konzept für die Studienplatzfinanzierung vorzulegen. Diese soll im Oktober im Ministerrat beschlossen werden und im Jänner 2019 starten.
"Aufnahmeverfahren und Zugangsregeln wo erforderlich" sind im Arbeitsprogramm der Regierung ausdrücklich erwähnt. Ausgebaut soll das Platzangebot in Mint-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) werden.
Die ÖH rüstet sich bereits für einen Kampf gegen dieses Vorhaben der Regierung. An der Spitze des Protests ist der VSStÖ. "Wir starten jetzt einmal mit einer Medienaktion, um Druck auf die Politik zu machen", sagte Sadeghi zur "Wiener Zeitung". Man könne das durchaus als Rebellion gegen den Parteivorsitzenden begreifen. Denn hier gehe es um die Interessen der Studierenden und darum, allen Menschen den Zugang zu Bildung zu gewähren.
Daher spielt die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) heute, Dienstag, um 9 Uhr vor dem Juridicum in Wien Innere Stadt eine "Reise nach Jerusalem". Zehn Studierende streiten sich um fünf Sessel. Ein Sinnbild für künftige Auseinandersetzungen um die wenigen Uni-Plätze, erklärte Philip Flacke, der für die Fachschaftslisten (FLÖ) im Vorsitzteam der ÖH sitzt.
Das wird mit Sicherheit nicht die einzige Aktion gegen die Regierungspläne sein. Denn die ÖH rüstet sich für eine längere Auseinandersetzung. Dafür sei man bereits mit der Bundesjugendvertretung in Kontakt und werde demnächst auch ein Netzwerk mit der Schülervertretung aufbauen. Die ÖH sucht hier die Solidarität der künftigen Studierenden. Man sehe nicht ein, dass nun, wo es die Zentralmatura gibt, die ja als Studienberechtigung gilt, Aufnahmetests an den Universitäten verlangt werden sollen, sagte Flacke. Er glaubt, dass die ÖH gute Chancen habe, die Studienplatzfinanzierung mit Zugangsbeschränkungen zu verhindern, weil es sehr viele Unterstützer gebe.
Das Argument, dass Budgetmittel nun einmal begrenzt sind und der Staat daher eine gewisse Steuerung der Studierendenströme vornehmen müsse, sehen die Vertreter der ÖH nicht ein. "In Wirklichkeit fehlt die Antwort auf die Frage, was mit all den Jugendlichen geschieht, denen ein Studienplatz verwehrt wird", sagt Flacke. Der freie Hochschulzugang sei in Gefahr, dagegen werde man sich zur Wehr setzen.
Ganz anders sieht man das in den Reihen der Universitätenkonferenz (Uniko). Oliver Vitouch, Rektor der Universität Klagenfurt und Präsident der Uniko, begrüßte das Commitment der Regierung zu einer Studienplatzfinanzierung. Er schlägt als Richtgröße für eine künftige Studierendenzahl die Absolventenzahl plus 20 bis 40 Prozent vor. Eine andere Maßzahl könnten die sogenannten prüfungsaktiven Studenten sein. Und wieder ein anderes Modell sieht vor, dass die Studentenzahl herangezogen wird, die die Studieneingangsphase absolvieren. Welches dieser Modelle am Ende herangezogen werden wird, ist völlig offen, die Gespräche zwischen Politikern und Experten haben erst begonnen. Aber als sicher kann angenommen werden, dass ab 2019 weniger als die bisherigen 10.600 Studienanfänger an Unis aufgenommen werden.