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Rote Weichenstellung

Von Werner Reisinger

Politik

Am Donnerstag tagt die SPÖ über das Wahlprogramm und die Bundesliste. Die Stimmung ist angeschlagen.


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Wien. Es läuft nicht besonders rund innerhalb der SPÖ. Der Wahlkampf will nicht so recht auf Schiene kommen, Schlagzeilen machen die Sozialdemokraten rund um Bundeskanzler Christian Kern in jüngster Zeit eher mit internen Querelen denn mit den eigenen Wahlkampfthemen.

Von offenen Spannungen zwischen dem roten Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler und Parteichef Kern ist die Rede, ja selbst zu kleineren Handgreiflichketen soll es unter einigen roten Wahlkampfmännern bereits gekommen sein. Der ehemalige Wiener Landesgeschäftsführer wechselte erst vor rund einem Jahr in die Löwelstraße. Als "teilweise chaotisch" bezeichnen enge Mitarbeiter des SPÖ-Führungsteams die Situation zwischen Bundeskanzleramt und Parteizentrale. Vergangene Woche schmiss der erst kürzlich bestellte Kampagnenmanager Stefan Sengl das Handtuch - offiziell aus persönlichen Gründen.

Parteizentrale gegen Kanzleramt

Um so spannender ist es, welche Ergebnisse der Bundesparteirat am Donnerstag bringen wird. Normalerweise ist das mit 344 ordentlichen Delegierten beschickte Gremium kaum von einem ordentlichen Parteitag zu unterscheiden. Erwartet wird am Donnerstag aber nichts anderes als eine Weichenstellung und eine Klärung der internen Streitigkeiten - schließlich werden sowohl die Bundesliste als auch das Wahlprogramm fixiert.

Spricht man mit Partei-Insidern, wird schnell klar: Das Problem sei das nicht gerade üppig ausgeprägte Vertrauen des Kanzlers in die Leistungsfähigkeit der Bundespartei. Kerns Kabinett lasse sich ungern von der Parteizentrale zuarbeiten, dies führe aber im Kabinett zu einer Überlastung, was sich wiederum schlecht auf die interne Kommunikation auswirke. Nicht selten komme es vor, dass man in der Löwelstraße von inhaltlichen Vorstößen erst aus den Medien erfahre, sagt ein roter Spitzenfunktionär. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Werner Faymann sei Kern auch ein Parteichef, der sich persönlich auch um die textlichen Details von Programmen und Strategiepapieren kümmere. Mangelndes Vertrauen in die Partei und Überlastung des eigenen Kabinetts sei auch ein Mitgrund, wieso Kern häufig auf externe Berater wie den PR-Guru Tal Silberstein zurückgreife.

Besondere Brisanz birgt die Frage, wie denn die Bundesliste genau zusammengesetzt werden sollte. Die strittige Frage ist: Wie sehr ist es erforderlich, Kern als Veränderer der SPÖ zu präsentieren? Dem Vernehmen nach will der Kanzler auf neue Gesichter setzen, andere in der Partei halten eine Newcomer-Liste hinsichtlich der Quereinsteiger-Taktik von Hauptkonkurrent und ÖVP-Chef Sebastian Kurz für wenig erfolgversprechend. Zudem muss Kern Rücksicht auf die Befindlichkeiten der Parteibasis, der Gewerkschaften und der Frauen nehmen. Schließlich braucht Kern vor allem motivierte Gewerkschaften für eine entsprechende Mobilisierung im Wahlkampf.

Kann ihm der Kompromiss gelingen? Altkanzler Franz Vranitzky stärkt Kern den Rücken: "Der Parteivorsitzende ist Spitzenkandidat und der Spitzenkandidat muss freie Hand haben, auf der Kandidatenliste seine Kandidaten durchzubringen", sagt Vranitzky im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". "Es ist gar nicht so einfach, einen attraktiven Mix zu finden. Aber ich traue Christian Kern zu, dass ihm das gelingt."

Zugespitztes Wahlprogramm

Als Fixstarter auf den vorderen Listenplätzen gelten Kanzleramtsminister Thomas Drozda sowie Staatssekretärin Muna Duzdar und Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner. Will sich Kern die volle Unterstützung der Gewerkschaften sichern, wird er an GPA-Chef Wolfgang Katzian und dem pro-ge-Vorsitzenden Rainer Wimmer wohl nicht vorbeikommen. Möglich aber, dass sich einige langgediente Spitzenpolitiker freiwillig zurückziehen und so auf der Bundesliste vorwiegend neue Gesichter zu finden sein werden.

Beim Wahlprogramm geht es vor allem darum, das inhaltliche Profil zu schärfen und zuzuspitzen. Zusätzlich zum bewährten Wahlkampfthema sichere Pensionen soll es einen Schwerpunkt zu leistbarem Wohnraum geben, aber auch Europa, Sport und Kultur sollen angesprochen werden. Fix im Programm und Teil der sieben Koalitionsbedingungen sind der steuerfreie Mindestlohn von 1500 Euro und eine Erbschaftssteuer ab einer Million.